Eigentlich hat das Tiroler ÖVP-Modell "Siegreich verlieren" viel Charme – und scheint durchaus ausbaufähig zu sein. Vor allem in schlechteren Zeiten könnten sich euphemistische Um-Schreibungen bezahlt machen, eignen sie sich doch prima dazu, die Stimmung aufzuhellen. Zumindest die derer, die ihre eigenen beschönigenden Darstellungen glauben.

Die Tiroler ÖVP hat bei der Wahl fast zehn Prozentpunkte verloren.
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Tirols Schwarze haben bei der Wahl fast zehn Prozentpunkte verloren? Macht doch bitte nichts, immerhin besser als der da und dort kolportierte Totalabsturz auf unter 30 Prozent. Was den verlustreichen Wahlsieger prompt zu Jubelworten verführte: "Es hat geklappt, die Aufholjagd war erfolgreich." Genau.

Die SPÖ in Tirol konnte die Aufholjagd der Schwarzen in den Stimmenverlust nicht nützen und nur um carpacciofeine 0,2 Prozentpunkte zulegen? So muss man das nicht sehen, immerhin könnte es ja jetzt zu einer großen Tiroler Koalition kommen.

Österreichs Nationalmannschaft hat gegen jene Kroatiens 1:3 verloren? Macht doch nichts, drei Tore mehr und wir hätten locker gewonnen. Der Klimawandel macht sich immer stärker bemerkbar, der Neusiedler See trocknet aus? Aber bittschön, immerhin flutet es uns nicht davon wie die armen Menschen in Pakistan. Die Energiepreise steigen, und es könnte kühl werden im Winter? Kein Problem, Strickkreise sind eh trendy.

Wir werden uns warm anziehen müssen? Ja, aber nur weil wir so viele Pullover stricken.(Renate Graber, 27.9.2022)