Gerade Buckelwale sind durch den Schiffsverkehr besonders gefährdet.

Foto: Reuters/NOAA

Bereits fünf Wale sind heuer in der Bucht von San Francisco durch die Kollision mit einem Schiff ums Leben gekommen. Das letzte Opfer war eine örtliche Berühmtheit. Der Kadaver der Buckelwal-Kuh Fran war Ende August an den Strand gespült worden, bei einer Untersuchung wurden eindeutige Spuren eines solchen Unfalls gefunden. 2005 war der Meeressäuger erstmals gesichtet worden und seitdem weitere 276-mal. Meeresforscher sorgen sich seitdem um das Wohlergehen von Frans jungem Kalb Aria, das nun auf sich allein gestellt ist.

Von Schiffen überfahren zu werden ist eine der häufigsten Todesursachen bei Buckelwalen, aber auch bei anderen Walen, die sich oft nahe der Wasseroberfläche aufhalten. Die Meeressäuger verkehren oft in Gewässern, durch die auch vielbefahrene Schiffsrouten führen. In einer Studie von 2019, so berichtet der "Guardian", sei die Situation mit Landtieren verglichen worden, deren Lebensräume von Schnellstraßen und Autobahnen durchzogen wurden. Walkollisionen werden damit zum aquatischen Äquivalent von Wildunfällen.

Ende August ist der Kadaver der Wal-Kuh Fran in der Half Moon Bay südlich von San Francisco angespült worden.
Foto: Marine Mammal Center

Wal-Meldesystem

Das Projekt "Whale Safe" soll mit technischer Hilfe die Situation verbessern. Es wurde 2020 vom Salesforce-Chef und Milliardär Marc Benioff aus der Taufe gehoben und arbeitet mit Forschungseinrichtungen wie dem Marine Mammal Center zusammen. Mit diesem gemeinsam wird nun auch ein Schutzsystem vor San Francisco erprobt werden.

Entlang des Küstenbereichs werden dazu Bojen ausgebracht, die mit Mikrofonen bestückt sind. Über diese wird die Kommunikation der Wale erfasst. Eine künstliche Intelligenz analysiert die Daten anschließend auf Lautstärke und Position und liefert dann eine Bewertung, die Auskunft über die Wahrscheinlichkeit von Walpräsenz in verschiedenen Teilen des Gewässers gibt. Dadurch sollen Kapitäninnen und Kapitäne Zusammenstöße vermeiden können.

Whale Safe zeigt die aktuelle Wahrscheinlichkeit von Walpräsenz entlang der Schiffsrouten.
Foto: Screenshot/Whale Safe

Zudem erhält das System auch Daten über die Geschwindigkeit der verschiedenen Schiffe und verfasst kurze Analysen über freiwillige Temporeduktionen seitens der Betreiber. Langsamer zu fahren ist laut den Wissenschaftern, die hinter Whale Safe stehen, die wichtigste Maßnahme, die zum Schutz der Wale getroffen werden kann.

Zuvor war die Technologie auch schon vor Santa Barbara erprobt worden, wo eine der wichtigsten Schiffsrouten für den Warentransport entlang der US-Westküste verläuft. Im ersten vollen Jahr seines Einsatzes habe es keinen einzigen Zusammenstoß gegeben.

Guter Ansatz, aber ...

John Calambokidis vom Cascadia Research Collective, der an KI-Modellen zur Wal-Erkennung mitgearbeitet hat, begrüßt das Projekt prinzipiell, weil es durch Echtzeiterkennung die Sicherheit verbessert, vor allem aber, weil es mehr Aufmerksamkeit auf diese Gefahr für Wale lenkt. Er weist allerdings auch darauf hin, dass Whale Safe keine Alleinlösung sei, zumal das System zwar grundlegend die Präsenz von Walen erkennen könne, aber nicht wisse, wie weit sie entfernt sind oder in welche Richtung sie ziehen.

Zudem würden manche Wale sich kaum akustisch bemerkbar machen, was ihre Erkennung mit dem System schwierig mache. Und bisherige KI-Modelle seien nicht für den Einsatz in der Größenordnung von Schiffsrouten gemacht worden. Als konsequentere Lösungen betrachtet er strengere Geschwindigkeitsvorschriften sowie die Verlegung von Schiffsrouten aus Wal-Territorien.

Jenseits von Whale Safe sind auch andere technische Lösungen in Erforschung. So wird etwa die Erkennung von Walen mit Infrarotkameras erprobt, was allerdings sehr teuer ist. Ebenso gibt es Versuche mit Ultraschallsendern, die Wale akustisch vor herannahenden Schiffen warnen sollen. Hier wurde allerdings beobachtet, dass längst nicht alle Wale darauf reagieren und dieser Ansatz zur ohnehin steigenden "Lärmverschmutzung" der Meere beiträgt. (gpi, 28.9.2022)