Eine Million Dialysefilter fallen in Israel pro Jahr an. Zehn Prozent davon werden von einem israelischen Unternehmen aufgekauft und sterilisiert, um sie für die Reinigung von Wasser zu verwenden.
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Die Idee, Trinkwasser durch bereits benutzte Filter für menschliches Blut zu leiten, mag auf den ersten Blick bizarr anmuten. Und doch besteht genau darin das Geschäftsmodell einer israelischen Firma, die auf den Golanhöhen aktiv ist. Das Unternehmen reinigt Abwasser aus der Gegend im Grenzgebiet zu Syrien und Jordanien mit ausrangierten Filtern aus der Dialysebehandlung. Die kostengünstige und patentierte Technik, die im Notfall auch ohne Elektrizität zu benutzen ist, soll auch bei Naturkatastrophen zum Einsatz kommen und Menschen in Krisengebieten helfen, einfach an Trinkwasser zu kommen.

"Die Filter funktionieren im Prozess wortwörtlich wie künstliche Nieren und kosten fast nichts", erklärt Mino Negrin, der Geschäftsführer von Nuf Filtration. Zehn Prozent des gesamten Dialysefilteraufkommens in Israel, 100.000 Filter pro Jahr, kauft die Firma zu niedrigen Kosten ein. Danach werden die Kunststofffilter professionell gereinigt und sterilisiert, bis sie für Trinkwasser verwendbar sind.

Umkämpfte Geschichte

Im Sechstagekrieg 1967 eroberte Israel das auf bis zu tausend Meter Seehöhe gelegene, 1.150 Quadratkilometer große Areal, nachdem Syrien von dort aus Raketen auf israelische Gebiete gefeuert hatte. 1973 konnte Syrien zunächst Teile des Gebietes zurückerobern, wurde in der Folge jedoch hinter die Grenzen von 1967 zurückgedrängt. 1981 folgte die einseitige Annexion des Gebiets, sie ist international nicht anerkannt. UN-Blauhelmsoldaten überwachen in dem Gebiet zwischen dem See Genezareth und Syriens Hauptstadt Damaskus den Waffenstillstand von 1974 – bis 2012 auch Truppen aus Österreich.

Inmitten der Wüstenlandschaft im Dreiländereck werden 2.560 Filter der Reihe nach wie eine Perlenkette aneinandergereiht, um das kostbare Wasser der regenarmen Region zu reinigen. Auf diese Weise wird das Abwasser von 5.000 Menschen und etwa derselben Anzahl von Kühen aufbereitet.

Nach der ersten Reinigung ist die Verfärbung des Wassers noch deutlich erkennbar.
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Aufwendiger Reinigungsprozess

Das System entfernt Schwebstoffe, Krankheitserreger, Bakterien, Viren und alle organischen Stoffe, ob aus Seen, Flüssen, Brunnen oder Abwasserkanälen. Dabei funktioniert der Prozess ausschließlich mechanisch, Chemikalien werden nicht eingesetzt. Besonders die Ausscheidungen von Kühen stellt die Aufbereitung durchaus vor Herausforderungen.

Das Wasser tritt mit niedrigem Druck in das System ein, während der Reinigungsprozess durch mechanischen Größenausschluss an den Membranen erfolgt. Die Filter lassen nichts durch, das größer als 30 Nanometer ist – das ist etwa ein Zweitausendstel der Dicke eines menschlichen Haars. Am Ende durchdringen nur Wasser und gelöste Salze die Membranen als gereinigtes, aufbereitetes Trinkwasser.

Beim Filtrieren bleibt ein Teil des Wassers mit den herausgefilterten Rückständen zurück. Dieses wird in ein Becken auf einer kleinen Plattform oberhalb der Hauptanlage geleitet und der Prozess wird von Neuem gestartet, um keinen Tropfen zu verschwenden. Das gesamte Wasser der Region wird zu Nuf geleitet und wird in der israelischen Gemeinschaft am Golan nach der Aufbereitung wiederverwertet. Insgesamt wohnen auf dieser Seite der Golanhöhen etwa 50.000 jüdische Israelis und Drusen, eine Religionsgemeinschaft im Nahen Osten.

Einer der auf den Golanhöhen verwendeten Filter. Über 2.500 davon werden für das patentierte Verfahren in Serie geschaltet.
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Wasser für die Landwirtschaft

Genutzt wird das gewonnene Wasser vorerst in der Landwirtschaft. Aus einem Stausee mit dem gereinigten Wasser entnehmen die Landwirtschaftsbetriebe dann etwa direkt das Wasser für ihre Pflanzen und Tiere. "Und um das Reservoir wirklich effizient zu nützen, werden die bestehenden Solaranlagen über dem See in Kürze deutlich ausgebaut", sagt Rony Zigler, Geschäftsführer der staatlichen Abwasserversorgung der Gegend.

Das Firmengebäude von Nuf, das auch viele Projekte im Ausland hat, liegt hoch oben auf dem Golan. Unmittelbar neben der schmalen Zufahrtsstraße verläuft ein Stacheldrahtzaun mit Warnhinweisen. Auszusteigen wäre gefährlich, das Gebiet ist vermint, und immer wieder kommt es zu Zwischenfällen.

Das aufbereitete Wasser wird in einem Stausee gesammelt.
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Wassermanagement ist in der Region eine große Herausforderung. In Israel ist die Quote an aufbereitetem Abwasser im internationalen Vergleich mit fast 90 Prozent extrem hoch, jeder Tropfen ist wertvoll – offenbar ein fruchtbarer Boden für ungewöhnliche Innovationen. (red, APA 28.9.2022)