GIS-Kampagne wirbt um Gebührenzahler – künftig müssen auch Streamer zahlen.

Foto: GIS (Kampagne)

Wien – Wie will der ORF künftig GIS auch für Streaming einheben – wie es der Verfassungsgerichtshof bis 2024 verlangt? "Da ist die Medienpolitik am Zug", sagte ORF-Generaldirektor Roland Weißmann am Mittwoch im Publikumsrat, der ORF sei hier nur "beratend" tätig. Im Sinne des Verfassungsgerichtsentscheids wären aus ORF-Sicht eine Haushaltsabgabe oder eine Geräteabgabe.

"Internetanschluss gebührenpflichtig machen"

Eine auf Streaming erweiterte Geräteabgabe beschrieb Weißmann im Publikumsrat plakativ mit der Formel: "Internetanschluss gebührenpflichtig machen." Bisher sind stationäre empfangsbereite Geräte für Rundfunknutzung GIS-pflichtig; die Ausnahme für einen so wesentlichen Nutzungsweg wie Streaming ist aus der Sicht des Höchstgerichts verfassungswidrig.

Andrea Danmayr, ORF-Publikumsrätin der Grünen, findet eine Geräteabgabe angesichts der rasanten technischen Entwicklung für "völlig unpraktikabel". Eine zukunftssichere Definition anhand von Geräten könne sie sich nicht sinnvoll vorstellen, erklärte Danmayr im Publikumsrat.

In seiner Entscheidung zur GIS habe der Verfassungsgerichtshof erstmals eine "Finanzierungsgarantie" der Republik für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk festgehalten, betonte der Rundfunkjurist und Leiter des Gremienbüros, Josef Lusser, im Publikumsrat. Der Gesetzgeber habe "für eine adäquate Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu sorgen, wo alle potenziellen Nutzerinnen und Nutzer herangezogen werden, was bisher nicht der Fall war" – wegen der GIS-Ausnahme für reine Streamingnutzung.

"Blaue Seite wird definitiv nicht abgeschafft"

Den Publikumsrat beschäftigte erwartungsgemäß auch die Ankündigung von ORF-Chef Roland Weißmann, das Textangebot auf ORF.at zu halbieren und auf der Seite im Gegenzug mehr Video und Audio anzubieten. Weißmann erklärte die Maßnahme bei den Medientagen vergangenen Donnerstag als Entgegenkommen gegenüber privaten Medienhäusern in den Verhandlungen über eine Digitalnovelle für den ORF. Er erwartet sich davon mehr Möglichkeiten im Streaming und auf Social Media.

Eine Einstellung von ORF.at im Gegenzug für eine Digitalnovelle sei durchaus Thema in den Verhandlungen über die Novelle mit anderen Medienhäusern gewesen. "Sorgen hätte ich mir gemacht, wenn das ein Junktim gewesen wäre", sagt Weißmann.

Der ORF-Chef betont: "Die blaue Seite wird definitiv nicht abgeschafft. Das ist außer Streit gestellt. Beziehungsweise wurden rote Linien von mir definiert, für die ich nicht zu haben bin."

ORF.at-Redaktion wird um ein Fünftel aufgestockt

Dienstag stellte sich Weißmann der in einem Schreiben an ihn protestierenden Belegschaft. Im Publikumsrat am Mittwoch erklärte der ORF-General, man wolle gemeinsam den Weg einer Transformation von ORF.at Richtung Multimedialität gehen. Die blaue Seite werde künftig die zentrale "Landing Page" für ORF-Angebote sein, dort würden ORF-Inhalte künftig zuerst, vor Radio und TV, publiziert.

ORF.at bleibe "die Story-Maschine, die es ist", sagte Weißmann. Im Zentrum der Seite würden auch in Zukunft "selbst geschriebene, selbst recherchierte Geschichten stehen".

Weißmann erklärte, die Redaktion von ORF.at werde "um ein Fünftel" aufgestockt – nach STANDARD-Infos sollen zur bisher ressortlosen Redaktion Journalistinnen und Journalisten stoßen, die mit den TV- und Radioressorts koordinieren. Konkret handelt es sich um vier Posten, die geschaffen werden sollen – als Verbindungsleute zu den Ressorts Inland, Ausland, Wirtschaft und Chronik.

Die bisher bei einer ORF-Tochterfirma ORF.at-Angestellten würden in den ORF aufgenommen – laut Weißmann sind das 66 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. (fid, 28.9.2022)