Es ist noch nicht so lange her, da war Friedrich Merz die Lichtgestalt der deutschen Konservativen. Auf ihn projizierten viele Hoffnungen, die Angela Merkel nicht erfüllen wollte oder konnte.

Doch dann wurde Merz – im dritten Anlauf – CDU-Chef, und bei manchem aus seiner Anhängerschaft machte sich doch Enttäuschung breit. Sie erlebten ihn als weniger kantig. Zuletzt warb Merz auf dem CDU-Parteitag gar für eine Frauenquote.

Friedrich Merz war einmal die Lichtgestalt der deutschen Konservativen.
Foto: IMAGO/Chris Emil Janßen

Zeit für ein Signal, mag sich Merz gedacht haben und brachte Geflüchtete aus der Ukraine mit "Sozialtourismus" in Zusammenhang. Dass einem Politprofi wie ihm dies Aussage herausgerutscht ist, glaubt kein Mensch – schon gar nicht rund zwei Wochen vor der Landtagswahl in Niedersachsen.

Es ist vielmehr der alte böse Reflex: ein Hinweis darauf, dass die Deutschen ausgenutzt werden – von Geflüchteten aus der Ukraine, die sich bereichern wollen. Menschen mit schrecklichen Schicksalen werden unter Generalverdacht gestellt für eine billige Pointe. Das ist schäbig.

Merz verhöhnt damit aber auch viele Deutsche, die sich bei der Aufnahme von Geflüchteten großzügig und warmherzig zeigen. Sie tun das nicht für "Schmarotzer", sondern für Männer, Frauen und vor allem Kinder in Not.

Das wissen hoffentlich auch viele in der CDU, jener Partei also, die Merz "moderner" machen will. Auf Unworte wie "Sozialtourismus" müsste er da allerdings verzichten. (Birgit Baumann, 28.9.2022)