Viel mehr ist vom Mini-Koala bisher noch nicht zu sehen als seine Krallen, die noch nicht wirklich auf seine extreme Putzigkeit schließen lassen.

APA / DANIEL ZUPANC

Ganz korrekt müsste der Kopf des Tages diesmal eigentlich "Pfoterl des Tages" heißen. Denn das neue Koala-Baby im Wiener Tiergarten Schönbrunn – das erst zweite in der 270-jährigen Geschichte des ältesten Zoos der Welt – ließ bis jetzt erst seine Krallen bewehrten Pfoten blicken, die es aus dem Beutel seiner Mutter Bunji ins Freie streckte.

Wie schon bei Bunjis erstem Baby vor zwei Jahren wurde auch diesmal relativ spät offensichtlich, dass der Tiergarten eine neue Attraktion besitzt. Das liegt in der Natur der Sache oder konkreter in der Geburt der Beuteltiere, zu denen Koalas zählen. Sie blieb der westlichen Wissenschaft erstaunlich lange ein Rätsel.

Wie der Koala in den Beutel kommt

Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts konnte zweifelsfrei geklärt werden, wie Kängurubabys geboren werden und in den Beutel der Mutter gelangen. Das liegt auch an der Kürze der Schwangerschaft von rund einem Monat und der Winzigkeit des Neugeborenen.

Im Fall der Koalas, die in Ostaustralien beheimatet und so etwa wie inoffizielle Wappentiere Australiens sind – ist dieses Neugeborene gerade einmal so groß wie ein Gummibärchen (Obacht: Koalas sind keine Bären!), wenn es noch nackt, blind und gehörlos den Weg hinauf in den Beutel klettern muss. Und dort bleibt es dann erst einmal für ein halbes Jahr verborgen, ehe es langsam beginnt, seinen Pfoten ins Freie zu strecken – wie nun eben auch der Mini-Koala in Schönbrunn, dessen Geschlecht und Name erst noch bestimmt werden müssen.

Paarung im März

Seine Geburt wird auf den April rückdatiert, nach einer erfolgreichen Paarungszeit im März. Die ist weniger diskret als die Geburt und geht mit einer auffälligen Verhaltensänderung der männlichen Tiere einher, die aggressiv werden und ein heiseres Bellen von sich geben.

Von diesem Bellen hat sich das Koala-Weibchen Bunji, eine gebürtige Portugiesin aus dem Zoo in Lissabon, nun sichtlich zum zweiten Mal beeindrucken lassen. Beim ersten Mal war der erfolgreiche "Beller" der damals achtjährige Wirri Wirri, der aus einem Zoo in Frankreich nach Wien kam.

Bis das zweite Schönbrunner Koala-Baby statt des Dunkels des Beutels dann wirklich das Licht der Welt erblickt – und das Baby seinerseits von den Zoobesuchern betrachtet werden kann –, wird es vermutlich nicht mehr lange dauern: Das passiert im Normalfall mit rund sieben Monaten. Und dann gibt es einige Monate lang allerbeste Gelegenheiten, das putzige Kleine im Koala-Gehege beim ikonischen Huckepack auf seiner Mutter in Augenschein zu nehmen.

Ohne Worte.
Symbio Wildlife Park

Historisches Postskriptum

In Wien gibt es mit dem Tiergarten Schönbrunn nicht nur den ältesten noch bestehenden Zoo der Welt. In Österreichs Hauptstadt – genauer: im Archiv des Naturhistorischen Museums – lagert auch die allererste Papierzeichnung, die einen Koala zeigt. Angefertigt hat sie der österreichische Naturmaler und Zeichner Ferdinand Bauer im Jahr 1803 – 14 Jahre vor der wissenschaftlichen Beschreibung der Koalas. Die Zeichnung zeigt – natürlich – ein Koala-Weibchen mit einem Baby beim Huckepack. (tasch, 29.9.2022)

Das 1803 von Ferdinand Bauer gezeichnete Koala-Weibchen und sein Junges.
Foto: NHM Wien / Ferdinand Bauer