Der Unternehmer Heinrich Staudinger war am Mittwoch zu Gast bei Corinna Milborn auf Puls 24.

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Wien – Das Beste am Bundespräsidentschaftswahlkampf ist, dass er bald vorbei ist. Denn auch wenn man glaubt, man habe schon alles gesehen und gehört, kommt plötzlich ein Heinrich Staudinger mit kruden Thesen daher. "Hawedere", sagte er am Mittwoch zur Begrüßung im Interview, das Puls-24-Infochefin Corinna Milborn mit ihm führte. Das war noch sympathisch-schrullig und auch, dass er als Bundespräsident seine rote Jacke weiter tragen werde. Die habe er vor Jahrzehnten von seiner damaligen Freundin geschenkt bekommen, weil er so langweilig ausgeschaut habe. Mittlerweile sei sie sein Markenzeichen.

So weit, so harmlos. Emotional wurde der Waldviertler Schuhhändler dann etwa beim Thema Steuern und seiner "Formel Z", die der Finanzmarktaufsicht nicht so schmeckte, sowie beim Krieg. Er sei zwar kein Kriegsspezialist, aber die Ukraine und die Nato möchte er nicht aus der Schuld nehmen. Die Ukraine habe das Minsker Friedensabkommen aus dem Jahr 2015 nicht oder nur ungenügend umgesetzt. Er identifizierte "mehrere Kriegstreiber". "Einer muss den Frieden beginnen wie den Krieg." Was einst Stefan Zweig sagte, hat auch ein Heini Staudinger als moralisches Mantra inhaliert.

MeToo-Bewegung "von der CIA entwickelt"

Als Milborn später die Frauenpolitik und die "Me Too-Bewegung" ins Spiel brachte, wurde es richtig bizarr: Ein "bekannter österreichischer Filmemacher" habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass die Forderung nach politischer Korrektheit "von der CIA entwickelt wurde, um "Bündnisse zwischen den Menschen schwierig zu machen", sagt er zu einer erstaunten Moderatorin. Welche Bündnisse meine er denn, fragte Milborn und bekam einen kurzen Exkurs zur amerikanischen Bürgerrechtsbewegung zu hören. "Rassismus ist scheiße", laute seine Formel, nach der nie gefragt wurde: "Wir sind eine Menschheitsfamilie und lassen uns nicht auseinanderdividieren."

Aber zurück zu MeToo: Das mache "das Spiel zwischen Mann und Frau höchst kompliziert". Auch wenn es "ohne Zweifel Grenzüberschreitungen" gebe, so existierten doch "so wunderbare Spiele innerhalb dieser Grenzen, die Mann und Frau erfreuen". Die Sache mit der CIA sei "eine steile These", sagte Milborn abschließend mit einem Anflug von Gnade und Euphemismus.

Nächster Gast: Walter Rosenkranz

Nach Staudinger war FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat Walter Rosenkranz zu Gast. Vom Habitus her etwas präsidentieller, wirkte er sehr angespannt. Rosenkranz ist Mitglied der schlagenden Burschenschaft Libertas. Acht Mensuren habe er gefochten, zwei sichtbare Schmisse zeugen davon. Dass sie auf den Wahlplakaten nicht zu sehen sind, erklärt Rosenkranz mit der Kraft von Schminke. Normalerweise sind Burschenschafter ja stolz darauf und tragen Schmisse wie eine Monstranz vor sich her. Komisch. Möchte sich da jemand von seiner Vergangenheit distanzieren? Mitnichten!

Im Jahr 2009 schrieb Rosenkranz einen Beitrag für den Sammelband "150 Jahre Burschenschaften in Österreich" von Martin Graf. Rosenkranz habe darin eine Liste unter dem Titel "Burschenschafter als Leistungsträger in Österreich zwischen 1918 und 1938" erstellt, konfrontierte ihn Milborn mit Kontinuitäten zwischen Burschenschaftern und dem Nationalsozialismus. In dem Beitrag fänden sich Schmissbrüder im Geiste, die schon zu dieser Zeit aktive Nationalsozialisten waren und später in der Nazizeit Karriere machten. Einer dieser Herren, Hans Stich, sei bereits 1930 Mitglied der NSDAP gewesen und wurde später von den Nationalsozialisten zum Generalstaatsanwalt und SA-Standartenführer gemacht.

Leibwächter aus dem Neonazi-Umfeld

Dass Rosenkranz auch Mirko Jelusich, Redakteur der antisemitischen "Deutschösterreichischen Tageszeitung" und später eine prägende Persönlichkeit der NS-Kulturpolitik, erwähnt hatte, sei ein "Fehler" gewesen, sagte er immerhin. Er habe das von einer Quelle unreflektiert übernommen. Dass bei FPÖ-Veranstaltungen Leibwächter aus dem Neonazi-Umfeld auftauchen, wisse er nicht. Das interessiere ihn auch nicht. Zum Glück gebe es "aufmerksame Journalisten", die ihn im Nachhinein darauf hinweisen. "Es ist uns eine Freude, es ihnen mitzuteilen", sagte Milborn. Das sitzt.

Und überhaupt solle ihn die sehr gut vorbereitete, an den richtigen Stellen insistierende Corinna Milborn nicht dauernd unterbrechen, auch wenn sie noch so charmant dabei lächle, beschwerte sich der Kandidat, der viel lieber ausführlicher über andere Sachen gesprochen hätte. Danke, das reicht! (Oliver Mark, 29.9.2022)