Auch Rom (hier im Bild) war von der diesjährigen Hitzewelle im Sommer stark betroffen. In einigen europäischen Millionenstädten wie London purzelten die Temperaturrekorde.

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Längst ist er vorbei, der diesjährige Sommer. In unseren Breiten war er nach jenen 2003 und 2019 der drittheißeste der Messgeschichte, in etlichen Ländern Europas purzelten die Temperaturrekorde. Wenn allerdings im 2100 auf den Sommer 2022 zurückgeblickt wird, dann wird er höchstwahrscheinlich unter die kühleren des 21. Jahrhunderts fallen. Denn die Durchschnittstemperaturen steigen weltweit weiter an, und es ist die große Frage, ob wir das Zwei-Grad-Ziel bis 2100 halten können.

Österreich hat aufgrund seiner meerfernen Lage Europa diesen Wert von zwei Grad plus seit dem Beginn der Industrialisierung bereits jetzt erreicht. Bis zum Jahr 2100 drohen fünf Grad Celsius mehr. Noch viel mehr als Österreich sind die arktischen (und antarktischen) Regionen von der globalen Erderwärmung betroffen, wo der Temperaturanstieg besonders stark ist.

Städte besonders stark betroffen

Wie eine neue Studie im Fachblatt "Communications Earth & Environment" zeigt, droht aber auch Städten eine besonders rasche Temperaturzunahme: Oberflächentemperaturen in städtischen Gebieten steigen sehr viel stärker an als in ländlichen Regionen. Das bedeutet auch, dass Menschen, die in Städten leben, bei Hitzewellen einer größeren Hitzebelastung ausgesetzt sind als die Allgemeinbevölkerung.

Das ist in erster Linie auf den städtischen Wärmeinseleffekt zurückzuführen. Zudem geht die Forschung davon aus, dass der Klimawandel und das Bevölkerungswachstum in den Städten den städtischen Wärmeinseleffekt verstärken werden. Nun gibt es dazu auch konkrete Schätzungen, wie stark die Temperaturen steigen werden – und wie sehr eine wichtige Gegenmaßnahme den Trend wieder bremsen könnte.

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2.000 analysierte Stadtzentren

Ein internationales Forscherteam um Wenfeng Zhan (Universität Nanjing) analysierte für die Jahre 2002 bis 2021 die Satellitentemperaturdaten für über 2.000 Stadtzentren weltweit und verglich sie mit den Oberflächentemperaturen auf dem Land. Sehr große Megastädte wie Abujia in Nigeria, Phoenix in den USA, London im Vereinigten Königreich, São Paulo in Brasilien, Peking in China und Moskau in Russland wurden in die Analysen einbezogen.

Die Autorinnen und Autoren schätzten, dass sich Städte weltweit im Durchschnitt um 0,5 Grad Celsius pro Jahrzehnt erwärmen; das ist um 29 Prozent schneller als in ländlichen Gebieten. Bei Megastädten verläuft die Erwärmung sogar noch schneller. Der größte Treiber für die Erwärmung der Städte ist dabei der Klimawandel, indem er die Landoberflächentemperaturen im Durchschnitt um 0,30 Grad Celsius pro Jahrzehnt erhöht. In chinesischen und indischen Städten würde zudem die Stadterweiterung für über 0,23 Grad Celsius der beobachteten Oberflächenerwärmung in den Städten verantwortlich sein, schätzen die Forschenden.

Begrünungen können helfen

Die Studie wartet aber auch mit Schätzungen hinsichtlich einer der wichtigsten Gegenmaßnahmen auf: Begrünungen in europäischen Städten dürften 0,13 Grad Celsius der Oberflächenerwärmung pro Jahrzehnt ausgleichen, was auf das Potenzial der städtischen Vegetation zur Verlangsamung der urbanen Oberflächenerwärmung hinweist. So wurde beispielsweise festgestellt, dass eine verstärkte Stadtbegrünung der US-Millionenstadt Chicago die Oberflächenerwärmung um etwa 0,084 Grad Celsius pro Jahrzehnt verringert. (Klaus Taschwer, 30.9.2022)