Das erhöhte Werbeaufkommen auf Youtube nervt in letzter Zeit gewaltig.

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Monatelang habe ich mich innerlich dagegen gewehrt, letztlich aber doch nachgegeben: Mit einem Klick bin ich zum Abonnenten von Youtube Premium geworden. Jetzt zähle ich also auch zum erlesenen Kreis von mehr als 50 Millionen Usern, die Werbekonsum lieber gegen ein weiteres Abo tauschen.

Testbetrieb

Probeweise, denn ich befinde mich noch im Gratismonat. Das Engerl auf der linken Schulter hat dem Teuferl auf der rechten also noch nicht ganz nachgegeben. Als "Vertrauensvorschuss" hat mich Google zwar gebeten, die Kreditkartendaten zu bestätigen, eine Woche vor Ablauf der Testphase soll das Engerl aber noch einmal daran erinnert werden. Immerhin.

Premium klingt zunächst einmal wesentlich besser, als es in Wirklichkeit ist: Normalerweise assoziiert man mit dem Begriff ein Mehr an Service. Je nach Perspektive bestehen die größten Vorzüge hier aber eigentlich darin, dass man für 11,99 Euro im Monat eine ganze Menge weglässt. In meinem Fall wäre das zunächst der Zwang, die Wiedergabe von Inhalten im Vordergrund laufen zu lassen. Vor allem unterwegs ist das sehr angenehm. Hauptsächlich ist es aber natürlich die fehlende Werbung, die positiv auffällt.

Unpassend in jeder Hinsicht

Denn die nervte auf Youtube in letzter Zeit gewaltig. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, da konnte man das Aufkommen von Werbeclips auf Youtube an einer Hand abzählen. Pro Tag. Wie lange ist das her. Mittlerweile wird man mit einer Frequenz an Einschaltungen bombardiert, dass man mit dem Zählen gar nicht mehr nachkommt. Und nicht selten an den unpassendsten Stellen im Video.

Apropos unpassend. Der Algorithmus, der hinter Art und Frequenz der Werbungen steckt, dürfte für die meisten von uns nicht nachvollziehbar sein. Auch für mich nicht. Unabhängig davon, ob ich bei Youtube angemeldet war oder nicht, warf es mir auf magische Weise all das auf den Bildschirm, was mich noch nie interessiert hat. Möbelhäuser, dubiose Präsidentschaftskandidaten, Räucherwurst oder Investmentpunks haben für mich nur einen gemeinsamen Nenner: Sie sind allesamt unmöglich. Da ist der Werbemarathon der Haarshampoos für Glatzköpfige vor der "ZiB 1" absolut nichts dagegen.

Restzweifel bleiben

Und sonst so? Die anderen Vorzüge von Youtube Premium habe ich ehrlich gesagt noch nicht zur Genüge ausprobiert. Dass ich etwa Videos speichern und jederzeit offline anschauen kann, hat für mich persönlich nur wenig Zusatznutzen. Das spricht nicht gerade für das Abo. Manche mögen jetzt einwenden, dass ich dann gleich einen Adblocker nutzen könnte, der noch dazu kostenlos ist. Es würde mir zwar keine schlaflosen Nächte bereiten, wenn ich die Werbeeinnahmen von Google respektive Alphabet minimalst schmälern würde. Problematisch sehe ich das aber gegenüber den Kreativschaffenden, die dann auch leer ausgehen. Und sie sind ja der Grund, weshalb man die Plattform nutzt, das sollte man nicht vergessen.

Wenn ich es mir recht überlege, sind 11,99 Euro pro Monat natürlich nicht wenig Geld. Selbst für eine Plattform wie Youtube, die ich regelmäßig ansteuere. Mag auch sein, dass mich Google jetzt genau dort hat, wo man mich haben wollte. Auf der anderen Seite gebe ich für Streaming- und Gaming-Abos, die ich zeitlich alle unmöglich nutzen kann, monatlich weitaus mehr Geld aus. Um mit Netflix, Sky, Spotify, Disney+, Playstation Plus und Xbox Game Pass Ultimate mal ein paar Beispiele zu nennen. Wo bitte war da eigentlich das Engerl auf meiner Schulter? (Benjamin Brandtner, 30.9.2022)