El-Nagashi im Parlament in Wien. Bei einer internationalen Konferenz der Euro-Centralasian Lesbian Community (EL*C) in Budapest darf sie nicht mitreden.

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Ist es ein Zeichen von Intoleranz? Oder hat Faika El-Nagashi transfeindliche Äußerungen getätigt und soll dafür keine Plattform bekommen? Nur Stunden vor Beginn einer Konferenz, die sie selbst in den vergangenen Jahren maßgeblich mitorganisiert hat, wurde die Grünen-Politikerin und feministisch-lesbische Aktivistin El-Nagashi, wieder davon ausgeladen. Es handelt sich um die internationale Konferenz der Euro-Centralasian Lesbian Community (EL*C), die von Donnerstag bis Samstag in Budapest stattfindet.

Hunderte Personen kommen dabei zusammen, um sich über die internationale Situation lesbischer Menschen auszutauschen und zu vernetzen. "Unsere Konferenz (…) ist offen für alle, die sich dem Kampf für die Rechte, Sichtbarkeit und Wohlergehen lesbischer Menschen einsetzen, ungeachtet der geschlechtlichen Identität", heißt es auf der Homepage.

Kurzfristig ausgeladen

Offen für El-Nagashi, Nationalratsabgeordnete und Sprecherin der Grünen für Integrations- und Diversitätspolitik, seit Jahren aktiv in der lesbisch-feministischen Bewegung, ist das Treffen heuer aber nicht. Dieses Jahr erhielt sie nur kurz vor dem Start des internationalen Events eine Nachricht des Konferenzvorstands, in der ihr mitgeteilt wurde, dass jüngste öffentliche Statements von ihr in den Medien gegen zentrale Werte der EL*C verstoßen hätten.

In dem knappen Schreiben wird weiters darauf hingewiesen, dass EL*C "die Inklusion und Sichtbarkeit von trans- und geschlechtsdiversen Personen" stark unterstütze, was mit Verweis auf die internen Guidelines untermauert werde. "Deshalb können wir Ihre Registrierung für die Budapester Konferenz nicht akzeptieren. Wir erstatten Ihre Registrierungsgebühren zurück", heißt es weiter.

Nach Geschlecht getrennte Schutzräume

Welche Äußerungen in Medien da gemeint sind, steht nicht in dem Schreiben. El-Nagashi sagte dem STANDARD, dass es wohl vor allem um ein Interview gehe, das sie im Sommer dem Falter gegeben habe und das schon damals große Wellen geschlagen habe, sowie ein Streitgespräch im STANDARD.

In beiden Medien sprach El-Nagashi darüber, dass sich neue Fragen auftäten, wenn Menschen "zunehmend selbst bestimmen können, ob sie Mann oder Frau sind oder weder noch oder ganz was anderes". Ihr gehe es da vor allem um "Schutzräume, die nach dem biologischen Geschlecht getrennt sind", da könne es zu Übergriffen kommen. Solche Orte seien zum Beispiel Frauengefängnisse, Frauenhäuser, Sauna, Fitnessstudio, Krankenhäuser, Pflegestationen. Vulnerable Frauen müssten an diesen Orten vor etwaigem Missbrauch geschützt werden. Belege für Übergriffe dieser Art gibt es nicht (siehe Wissen unten).

"Ich kann mir ganz grundsätzlich kaum vorstellen, dass jemand diesen Verwaltungsakt einer Änderung des Geschlechtseintrags durchmacht, um in Frauenräume einzudringen", entgegnete Katta Spiel im STANDARD-Streitgespräch damals. Spiel, selbst intergeschlechtliche Transperson, forscht in den Bereichen Geschlecht und Behinderung im Kontext von Technologien an der TU Wien. Spiel warf El-Nagashi damals auch vor, in Aussagen anzudeuten, dass man "aus Spaß trans" werde, was absurd sei. El-Nagashi wies diesen Vorwurf zurück.

Großes Echo auf Twitter

Das Schreiben mit der Ausladung von der aktuellen Konferenz hat El-Nagashi auf Twitter gepostet – und international zahlreiche Reaktionen bekommen. Darunter auch kritische Postings, wie etwa dass eben "eine transphobe Person" ausgeladen worden sei. Viele Retweets waren aber Solidaritätsbekundungen, unter anderem auch von Ex-Tennisprofi Martina Navrátilová, die es als absurd bezeichnete, dass "biologische Männer" willkommen seien, "biologische Lesben" aber nicht.

Der STANDARD erreichte El-Nagashi am Donnerstag telefonisch in Budapest, wo sie nun abseits der Konferenz den Austausch mit der Community sucht. "Es braucht Schutz vor Diskriminierung von Transmenschen, aber ich möchte auch Sachen ansprechen dürfen", erklärte sie: ab welchem Alter die Hormongabe für Jugendliche gut sei oder warum "wir uns fragen, was eine Frau ist. Das sind Auseinandersetzungen, die legitim sind zu führen", sagte die Nationalratsabgeordnete.

"Gegen keine Vorgaben verstoßen"

Es gehe nicht darum zu hetzen, sondern darum, Gedanken auszutauschen. "Das ist eine sehr hochgeschaukelte Debatte. Wir Linksprogressiven müssen es schaffen, Dinge anzusprechen", sagt sie. Und sie ergänzt, dass sie auf ihre Tweets viele Reaktionen bekommen habe, die zeigen würden, dass zahlreiche Menschen in der lesbischen Community Angst hätten, ihre Meinung frei zu äußern, wenn so etwas mit ihr passieren könne. Das sei ein Problem. Wenn hier keine Debatte möglich sei, überlasse man das Thema allein den Rechtskonservativen. "Ich habe gegen keine Vorgaben oder Leitlinien der Konferenz verstoßen, ich wurde aufgrund irgendwann getätigter nicht näher definierter Aussagen ausgeschlossen", sagt die Grünen-Politikerin.

Der STANDARD erfragte auch bei den Veranstaltern der Konferenz in Budapest Details zu den Vorgängen, die dazu geführt haben, El-Nagashi so kurzfristig auszuladen. Die Anfrage blieb bis zum späten Donnerstagnachmittag unbeantwortet. (Gudrun Springer, 29.9.2922)