Das Pensionssplitting ist kaum bekannt, wird selten genutzt. Die Regierung will es automatisieren, um Frauen in der Pension besserzustellen. Das Wifo sieht hingegen nur eine Umverteilung im Haushalt.

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Die gestiegenen Lebenskosten – allen voran verursacht von der hohen Inflation und den massiv gestiegenen Preisen für Energie – rücken ein anderes wichtiges Thema gerade in den Hintergrund: jenes der Altersvorsorge. Geld wird in vielen Fällen nun gebraucht, um Ausgaben des täglichen Lebens weiter zu stemmen. Dafür müssen viele Haushalte auch ihre Ersparnisse anknabbern.

Treffen wird eine Vorsorgelücke einmal mehr Frauen, die aufgrund der oftmaligen Teilzeitarbeit ohnehin schon eine geringere Pension zu erwarten haben. Im europäischen Vergleich ist die geschlechtsspezifische Pensionslücke zulasten der Frauen in Österreich besonders hoch. Ausgeprägt ist auch die Armutsgefährdungsquote der Frauen im Alter von 65 und mehr Jahren, sie liegt mit 17 Prozent deutlich über der Armutsgefährdungsquote der Bevölkerung (14 Prozent).

Automatisierung

Die Regierung hat mit dem Pensionssplitting vor vielen Jahren ein Modell geschaffen, das zumindest in der Zeit der Kindererziehung den finanziellen Verlust ausgleichen soll. Dabei werden im Pensionskonto eingetragene Teilgutschriften übertragen: Der erwerbstätige Elternteil kann Teile seiner Kontogutschrift an den Erziehenden übertragen. Die Idee ist, so den Pensionsunterschied auszugleichen. Österreich gehört laut Eurostat mit einer Lücke von 35,5 Prozent (2020) zu jenen Ländern in Europa mit den höchsten geschlechtsspezifischen Pensionsunterschieden.

Weil das Pensionssplitting wenig bekannt ist und selten genutzt wird – zwischen 2005 und 2019 wurde es laut der Pensionsversicherung in nur 1876 Fällen in Anspruch genommen –, will die Regierung das Splitting automatisieren. Das Modell sieht vor, die Beitragsgrundlagen (ohne Kindererziehungszeiten) beider Elternteile bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr des Kindes zu summieren und jeweils die Hälfte den Eltern auf dem Pensionskonto gutzuschreiben, wobei es eine einmalige Opt-out-Möglichkeit geben soll. Darüber hinaus soll ein freiwilliges Splitting allen Formen von Lebensgemeinschaften offenstehen.

Wifo ortet nur geringe Auswirkungen

Noch ist die Ausgestaltung diesbezüglich nicht konkretisiert, das Wifo erwartet in einer aktuellen Analyse jedoch keinen großen armutsreduzierenden Effekt. Maßgeblich dafür ist für Wifo-Expertin Christine Mayrhuber die zeitliche Komponente: Erfolgt die Automatisierung des Splittings für Geburten ab einem Stichtag in der Zukunft, "kann das Splitting erst in zwei bis drei Jahrzehnten die Pensionshöhen beeinflussen", hält Mayrhuber in ihrer Analyse fest. Die gegebene und mittelfristige Altersarmut tangiere das Modell damit nicht.

Ein verpflichtendes Pensionssplitting bedeutet laut Mayrhuber eigentlich nichts anderes als eine Umverteilung finanzieller Ressourcen innerhalb des Haushaltes bzw. zwischen den Eltern. Die frauenpensionserhöhende Wirkung hänge damit einzig vom Partnereinkommen ab. Ein hohes, stabiles Partnereinkommen erhöhe die Eigenpension, fehlendes Einkommen durch Arbeitslosigkeit oder Krankheit hingegen nicht. Eine geringe Erwerbsintegration der Haushalte ist laut Wifo gegenwärtig mit einer hohen Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung verbunden. "Bei verfestigter Arbeitslosigkeit oder zwei geringen Erwerbseinkommen im Haushalt greift das Splitting als armutsvermeidendes Instrument daher nicht", hält Mayrhuber fest. Treffen zwei geringe Pensionen in einem Haushalt zusammen, habe das Splitting kaum einen Effekt auf die Armutsgefährdung des Haushalts.

Kompliziertes Patchwork

Im Falle, dass jemand Kinder mit unterschiedlichen Partnern hat, "müsste die Pensionskontogutschrift eines Elternteils mit mehreren Müttern/Vätern gesplittet werden", schreibt Mayrhuber. Ein verpflichtendes Splitting führe bei Patchworkfamilien oder auch bei Alleinerziehern, die schon im Erwerbsalter eine überdurchschnittlich hohe Armutsgefährdungsquote hätten, zu keiner Pensionserhöhung, auch hier bleibe die Armutsreduktion erfolglos.

Pensionserhöhende und damit armutsreduzierende Effekte könne das Splitting jedoch im Trennungsfall für jene Elternteile haben, die aufgrund der Kinderbetreuung ihre Erwerbstätigkeit aufgegeben oder verringert haben und deren Partner in dieser Phase bzw. bis zum zehnten Lebensjahr des Kindes kontinuierliche und hohe Erwerbseinkommen hatten.

Mayrhuber sieht im Arbeitsmarkt und in den Einkommen der Frauen einen wesentlichen Faktor für höhere Frauenpensionen und geringere Altersarmut. Die Lohn- und Einkommenspolitik habe eine fundamentale Funktion für die Alterssicherung und bilde die Grundlage für eine Reduktion der Pensionslücke. (Bettina Pfluger, 2.10.2022)