Dompfarrer Toni Faber und Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bei der traditionellen Weinlese im kleinsten Weingarten Wiens am Schwarzenbergplatz.

Foto: APA/BENEDIKT LOEBELL

Von links nach rechts: Norbert Walter (Präsident des Landesweinbauverbands Wien), Dompfarrer Toni Faber, Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Unternehmer Hans Schmid (Weingut Mayer am Pfarrplatz).

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Als der Wiener Bürgermeister am Freitag um neun Uhr am Schwarzenbergplatz in grüner Weinschürze die ersten reifen Trauben abschnitt, führte er eine langjährige Tradition in der Hauptstadt fort: Die Weinlese im Beisein politischer Prominenz im Vorgarten des Hauses Schwarzbergplatz 2 wird seit 1999 alljährlich vom Wiener Bürgermeister eröffnet. Der neue Jahrgang verspreche "eine sehr, sehr gute Qualität, auch wenn er witterungsbedingt nicht ganz die gewohnte Menge erreichen wird", sagte Ludwig. Er freue sich jedenfalls "auf einen Top-Jahrgang" und sei "besonders stolz auf den Wiener Wein".

Der Weingarten im ersten Wiener Gemeindebezirk wurde ursprünglich in den 1920er-Jahren angelegt, mit einer Größe von 100 Quadratmetern ist er der kleinste Weingarten Wiens, zudem der einzige bewirtschaftete Weingarten in der Innenstadt.

Der dortige Brauch beendet die Hauptlese in Wien. Der Ertrag aus der Wiener Innenstadt ergibt an die 60 Flaschen der Sorte "Wiener Gemischter Satz", er wird stets zugunsten wohltätiger Zwecke versteigert. Der alte Garten mit seinen rund 60 Rebstöcken steht damit stellvertretend für die 660 Hektar Rebfläche, die insgesamt in der Stadt bewirtschaftet werden. Den Großteil machen weiße Trauben aus: Auf etwa 80 Prozent dieser Flächen sind Weißweinsorten angepflanzt. Die am häufigsten verwendeten Sorten sind Grüner Veltliner, Rheinriesling, Weißburgunder, Chardonnay und Welschriesling. Außerdem verarbeiten zahlreiche Winzerinnen und Winzer oftmals auch mehrere Rebsorten aus ihrem Weingarten zum traditionellen Gemischten Satz.

Viele Weinsorten am Rande der Stadt

Weinbau ist in Wien so alt wie die Stadt selbst. Schon im römischen Legionsstandort Vindobona wurde Wein kultiviert. Wuchsen die Trauben noch im Mittelalter im heutigen ersten Bezirk, ist er heute vorwiegend in den Hügeln am Stadtrand zu finden: Im nördlich der Donau gelegenen Teil Wiens, in den zu Wien gehörenden Flächen Bisambergs, in Strebersdorf, Stammersdorf und Jedlersdorf, wachsen Trauben aus der Burgunderfamilie. Von Ottakring über Hernals hinauf nach Pötzleinsdorf und im 19. Gemeindebezirk wird vor allem Riesling, Grüner Veltliner, Chardonnay und Weißburgunder erzeugt. Im Süden Wiens – in Rodaun, Mauer und Oberlaa – eignet sich der Boden gut für kräftigere Weißweine und Rotweincuvées.

Als eine der wenigen Großstädte der Welt verfügt Wien über ökonomisch bedeutsamen Weinbau innerhalb der Stadtgrenzen. Rund 400 Weinbaubetriebe bewirtschaften die Weingärten. Pro Jahr werden laut Angaben der Stadt rund 20.000 Hektoliter Wein gekeltert. Der Großteil dieses Wiener Weines wird direkt an die Konsumentinnen und Konsumenten, etwa in Heurigen, verkauft. Das Wiener Landesgesetz schreibt zwingend vor, dass Rebflächen in Wien bewirtschaftet werden müssen. (giu, 30.9.2022)