Die Wien Energie ist mit den bestehenden Kreditlinien gut aufgestellt.

Foto: Der STANDARD / Heribert Corn

Wien – Die Wirtschaftsprüfer von KPMG bescheinigen der Wien Energie finanzielle Stabilität und Zahlungsfähigkeit. Die von KMPG testierte positive Fortbestehensprognose halte fest, dass die Wien Energie "ein zukunftssicheres, stabiles Geschäftsmodell hat", so Wien-Energie-Chef Michael Strebl. Der Bericht dazu ist am Freitag an die Bundesfinanzierungsagentur (Oebfa) gegangen, die dem Unternehmen im Auftrag des Bundes einen Kreditrahmen über zwei Milliarden Euro gewährt hat.

Die Wien Energie, die rund zwei Millionen Kunden mit Strom, Gas und Fernwärme versorgt, hatte Ende August unerwartet einen Finanzbedarf von mehreren Milliarden Euro. Zur Abdeckung wendete sich das Unternehmen damals an den Bund. Mit dem Geld sollten Börsengeschäfte mit Strom und Gas abgesichert werden. Auslöser war ein plötzlicher massiver Anstieg der Strompreise bei gleichzeitig relativ niedrigen Gaspreisen. Deshalb musste das Unternehmen große Beträge an Sicherheiten hinterlegen – am extremsten Tag waren es 3,7 Milliarden Euro. Mit der Beruhigung der Preise floss ein Teil dieser Sicherheiten kurz danach zurück. Der nach einigen Tagen öffentlicher Debatte gewährte Kreditrahmen des Bundes von zwei Milliarden Euro wurde bis jetzt nicht angezapft.

Genug Sicherheit

In allen realistischen Szenarien für die kommenden zwei Jahre habe die Wien Energie mit dem Kreditrahmen des Bundes, den bereits gewährten 1,4 Milliarden Euro von der Stadt Wien und Kreditlinien der Banken im Gegenwert von fast 1,3 Milliarden Euro (in Summe 4,63 Milliarden Euro) genug Sicherheit, um alle Anforderungen abzudecken, sagte Strebl am Freitag im Gespräch mit der APA. Derzeit würden etwa 2,3 Milliarden Euro in Anspruch genommen.

Es gebe allerdings auch ein "extrem unwahrscheinliches Szenario", in dem gleichzeitig der Strompreis stark steigt und der Gaspreis stark sinkt, das die Wien Energie in einen Liquiditätsengpass bringen würde, so Strebl. In so einem Fall könnten sechs Milliarden Euro an Liquidität nötig werden. Deshalb fordere die Wien Energie vom Staat, einen Schutzschirm aufzuspannen. Solche Schutzschirme gebe es bereits in acht europäischen Ländern, darunter Deutschland, die Schweiz, Schweden und Dänemark. In Deutschland gebe es eine "sehr intelligente Lösung", die über die staatliche Förderbank KFW den Schutz gewähre. Wenn nun beispielsweise ein Stadtwerk Unterstützung brauche, könne diese "ohne öffentliche Diskussion" gewährt werden.

Geringerer Gewinn realistischer

In einem Punkt relativiert Strebl eine positive Nachricht der eigenen Wirtschaftsprognose. Diese errechnet einen operativen Gewinn (Ebit) von 487 Millionen Euro für das laufende Jahr. Angesichts der vielen Unsicherheiten sei aber ein Gewinn von 123 Millionen Euro realistischer, sagt Strebl.

Strebl weist einmal mehr den Vorwurf zurück, die Wien Energie hätte spekuliert. Sein Unternehmen produziere im Jahr sechs TWh Strom und liefere davon fünf TWh an die Kunden, der Rest werde, großteils aber nicht nur über die Börse, verkauft. Bilanzielle Daten, wonach deutlich mehr Strom verkauft werde als produziert, seien auf Mehrfachzählungen zurückzuführen.

Auch die Absicherung der Geschäfte an der Börse sei wesentlich risikoärmer als der Kauf bei einzelnen Lieferanten (OTC), so Strebl. Wenn etwa der Schweizer Stromlieferant Axpo nicht von der Schweiz geschützt worden wäre, hätten in Österreich einige Stromkunden Probleme bekommen – und reale Verluste eingefahren.

Das Wichtigste aus Sicht der Wien Energie sei die Versorgungssicherheit für die Kunden, versichert Strebl. Mit den Absicherungen an der Börse sei dies bestmöglich und mit geringem Risiko möglich. Dennoch sei ein größeres Stromgeschäft nun als bilateraler Handel abgewickelt worden, um das Liquiditätsrisiko zu vermeiden. (APA, 30.9.2022)