"Kommen S' ruhig", die Zeugin trat so unauffällig in den Gerichtssaal, dass sie der Richterin kaum aufgefallen war. Dabei ist die Rolle der Pflegeassistentin im Verfahren nicht unbedeutend. Als Passantin hatte sie die getötete 13-jährige Leonie W. im Juni 2021 in der Früh in Wien-Donaustadt an einem Baum gelehnt gefunden.

Ob die Zeugin den Eindruck hatte, dass Leonie W. da noch lebt? "Nein." Trotzdem habe sie eine Reanimation versucht. Vor Ort traf sie zwei der jungen Afghanen, gegen die seit Dienstag prozessiert wird. Mit dem tragischen Vorfall wollten sie schon einst nichts zu tun haben.

"Zubai" (23), "Haji" (19) und "Ramesh" (20) wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, das Mädchen zuvor in der Wohnung eines Angeklagten mit Drogen gefügig gemacht und dann vergewaltigt zu haben – mit Todesfolge.

Als zweiter Zeuge trat ein inhaftierter Freund des Trios auf, der zwischenzeitlich auch Beschuldigter in der Causa war. Jener Mann soll "Zubai" wenige Tage vor der mutmaßlichen Tat über einen Mittelsmann 200 Ecstasy-Tabletten besorgt haben. Da sei vermutlich auch "Ramesh" dabei gewesen. Wofür "Zubai" die Tabletten gebraucht habe, wisse er nicht.

Am Dienstag begann der Gerichtsprozess im Fall Leonie W. Die Befragungen der drei mutmaßlichen Täter drehen sich seither im Kreis.
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In jener Nacht sei der Zeuge von "Zubai" per Anruf um Rat gefragt worden, als Leonie W.s Zustand kritischer wurde. Warum er Zitronensaft empfohlen hatte, fragte die Richterin. "Ich habe gehört, dass das hilft, ob man Drogen nimmt oder betrunken ist."

Frühere Aussagen in Einvernahme wollte der Zeuge dann ungeschehen machen. Er habe nie behauptet, dass "Zubai" dem Mädchen sechs Ecstasy-Tabletten gegeben habe. Ebenso distanzierte er sich davon, dass die Drogen schlecht gewesen seien. Von der besagten Charge habe er zwei Stück konsumiert. "Zubai" behauptete, dass Leonie davon nichts bekommen haben soll.

Die Staatsanwaltschaft und die Verteidiger wollen nun die Beamten und die Dolmetscherin laden, die den Freund der Angeklagten einst vernommen haben. Dieser unterschrieb nämlich das Protokoll, will bei der Befragung nun aber unter starkem Drogeneinfluss gestanden sein und schlecht geschlafen haben.

Keine Reue zeigten "Zubai", "Haji" und "Ramesh" nach dem Video eines Angeklagten, das in ihrem Beisein, aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgespielt wurde. Darin ist eine Szene der mutmaßlichen Tat zu sehen – in der sich Leonie W.s Tod abgezeichnet hatte. Die jungen Männer zeigten sich unwissend.

Die beste Freundin des Mädchens sagte aus, dass die 13-Jährige nie eine Beziehung mit "Ramesh" geführt habe, wie dieser erzählt. Allerdings habe dieser Leonie W. und ihr schon vor jener Nacht im Juni 2021 zwei Ecstasy-Tabletten angeboten und sich übergriffig verhalten. (Jan Michael Marchart, 30.9.2022)