Sachen selber zu machen ist spätestens seit Ausbruch der Pandemie en vogue – das betrifft das Backen und Kochen ebenso wie das Häkeln und für manche Menschen auch die Herstellung jenes Gerstensafts, der während der vergangenen Tage vor allem in München wieder mehr geflossen ist als im restlichen Jahr: Bier. So bieten diverse Onlineshops eigene Bierbrau-Sets und Zutaten an, und auch der an dieser Stelle bereits hochgelobte heimische Youtube-Kanal "Kein Stress Kochen" hat bereits ein Tutorial zum Selberbrauen des goldenen Getränks veröffentlicht.

kein Stress kochen

Mit Brewmaster hat diese Tage nun ein Spiel das Licht der Welt erblickt, das den Prozess des Homebrewings – also des Bierbrauens in den eigenen vier Wänden oder in einer kleinen Indie-Brauerei – in den Mittelpunkt stellt. In diesem Simulator können verschiedene Biersorten gebraut, anschließend abgefüllt und mit einem schicken Etikett versehen werden, während man Einblick in Hinblick auf die verschiedenen Werkzeuge und Zutaten bekommt.

Lehrreiche Lektionen

Das ist auch der Aspekt, bei dem Brewmaster punktet: Hier durchläuft man den Prozess des Bierbrauens Schritt für Schritt und versteht, was im jeweiligen Arbeitsschritt passiert. Dabei hat man Zugriff auf die verschiedenen Zutaten – Hopfen, Malz und wie sie alle heißen mögen – und versteht, wie sich diese auf Geschmack, Farbe und andere Faktoren des finalen Produkts auswirken.

PlayStation

Zu diesem Zweck blickt man im Storymodus des Spiels zu Beginn einer jeden Jahreszeit in die aktuelle Ausgabe des lokalen Bierbrau-Magazins, das Brewer's Quarterly, und findet dort Aufgaben zum Brauen neuer Biere ebenso wie die dazu passenden Rezepte. In tiefergehenden Artikeln des virtuellen Magazins erfährt man, was es mit den einzelnen Elementen tatsächlich auf sich hat. Anschließend werden die nötigen Zutaten eingekauft, und schon geht es ans Brauen.

Hölzernes Gameplay

Vom edukativen Aspekt her bietet Brewmaster also interessante Lektionen für alle, die sich mit dem Thema Homebrewing beschäftigen möchten – und liefert in dieser Nische somit ein gutes theoretisches Fundament, wiewohl beim Start des Spiels der Disclaimer eingeblendet wird, dass man nicht versuchen soll, "Vorgänge aus dem Spiel zu replizieren". Zudem solle man beim Selberbrauen immer "auf die Sicherheit von dir und anderen" achten. Es schadet also bestimmt nicht, sich einen zweiten Input zu holen, anstatt die Rezepte aus dem Spiel blind nachzubrauen.

Wie dem auch sei: Leider macht ausgerechnet das Gameplay diesem Spiel mit seiner eigentlich recht guten Idee einen Strich durch die Rechnung. Denn beim Spielen von Brewmaster beschränkt man sich nicht darauf, auf einem Dashboard einfach Zutaten nach Lust und Laune zu kombinieren – stattdessen ist Brewmaster wie ein First-Person-Open-World-Survival-Game aufgebaut.

Leider nicht richtig durchdacht: Das Gameplay enthält Elemente, die man getrost hätte weglassen können.
Foto: Screenshot

Das bedeutet, dass man sich aus der Ich-Perspektive durch die eigene Brauerei bewegt und sehr viel Zeit damit verbringt, Dinge aus Schränken zu holen, um sie irgendwo anders zu platzieren, hineinzugießen, abzuwaschen oder anzuschließen. Dabei ist die Steuerung nicht immer intuitiv – mal können Sachen per Mausklick verändert werden, mal braucht es einen Tastendruck –, besonders ärgerlich ist aber das Inventarsystem gelöst: Der Spieler kann nämlich nur acht Objekte gleichzeitig mit sich herumtragen. Sind die Taschen voll, müssen Gegenstände abgelegt werden. Nach kurzer Zeit war meine virtuelle Küche vollgestopft mit liegengelassenen Hopfensäckchen und Malzdosen.

An anderer Stelle war es ärgerlich, dass ursprünglich für ein Rezept gekaufte Inhaltsstoffe schließlich doch nicht im Kühlschrank verfügbar waren, als ich sie brauchte. Wieder ein anderes Mal hatte ich zu viel virtuelles Geld für Zutaten ausgegeben und konnte mir daher keine neuen Tools mehr leisten. Hier wäre weniger schlichtweg mehr gewesen: Ich will doch Bier brauen, keinen Wirtschafts- und keinen Walking-Simulator spielen. Und begrenzte Inventory-Plätze mögen in einem Survival-Game Sinn machen – in der eigenen virtuellen Küche nerven sie einfach nur.

Stolz auf das fertige Bier

An anderer Stelle kann Brewmaster wiederum punkten. So ist die Musik abwechslungsreich und stimmig. Durch die grafische Darstellung der Inhaltsstoffe und die Animation der Arbeitsschritte bekommt man einen Eindruck davon, wie Homebrewing abläuft. Und wer auf Einrichtungsspiele steht, der kann sich auch neue Möbel für die virtuelle Brauerei holen, in der man öfter einmal auf und ab geht.

Nettes Feature: Das Bier bekommt einen Namen, das Etikett lässt sich auf vielfältige Weise gestalten.
Foto: Screenshot

Äußerst nett ist zudem die Präsentation des fertigen Biers gestaltet. So erfährt man anhand zahlreicher Kennzahlen zum Beispiel, wie bitter das eigene Bier ist und mit welcher Sorte es am ehesten verglichen werden kann. Auch können Flasche und Trinkglas für das eigene Produkt ausgewählt sowie ein Etikett gestaltet werden.

Fazit: Weniger wäre mehr gewesen

Für den Konsum von Alkohol gibt es eine klare Regel: bloß nicht übertreiben. Und auch bei Brewmaster hat man den Eindruck, dass weniger vielleicht mehr gewesen wäre. Auf jegliche Formen des First-Person-Gameplays – inklusive des nervigen Inventarsystems – hätte man verzichten und stattdessen den Inhalt auf das eigentliche Thema fokussieren können: das Bierbrauen.

Könnte man lediglich verschiedene Zutaten und Werkzeuge auf einem Dashboard kombinieren und anschließend das berechnete Ergebnis sehen, so wäre das Spiel für Homebrewer ein nettes Werkzeug, um in Form einer Trockenübung an der nächsten Kreation zu tüfteln. In der jetzigen Form aber scheitert eine eigentlich gute Idee an einem zeit- und nervenraubenden Gameplay. Schade drum. (Stefan Mey, 1.10.2022)

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Ein Exemplar des Spiels wurde dem STANDARD zu Testzwecken zur Verfügung gestellt.