Es sind also 10,5 Prozent. Die Inflation in Österreich hat ihren höchsten Wert seit Juli 1952 erreicht. Die starke Teuerung bringt den Menschen im Land hohe Verluste an Kaufkraft und Wohlstand. Es muss etwas geschehen, so viel ist klar. Aber was?

Das klassische – und häufig wirksame – Mittel gegen Inflation sind: Leitzinserhöhungen. Ebendiese verfügen Zentralbanken weltweit gerade fast täglich, ob in der Eurozone, den USA, Großbritannien oder der Schweiz. Höhere Zinsen führen dazu, dass Geldsparen lukrativer wird und Kredite teurer werden – sodass weniger Geld ausgegeben wird und die Preise nicht weiter steigen.

Um die Preise in den Griff zu bekommen, müssen die EU-Regierungen vor allem die erneuerbaren Energien ausbauen, ob Windräder oder Solarpaneele.
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Doch diesmal ist die Inflation anders. Zinserhöhungen funktionieren vornehmlich dann, wenn die Ursachen der Inflation in Inneren einer Volkswirtschaft liegen. Wenn also die Löhne zu hoch, der Konsum zu rege, die Wirtschaft zu überhitzt ist, dann erfüllen höhere Zinsen ihren Zweck und kühlen das wirtschaftliche System hinunter.

Hohe Energiepreisen

Die derzeitige Inflation jedoch kommt hauptsächlich von außen, aus einer Verknappung des Angebots. Konkret liegt sie an den hohen Energiepreisen, die wiederum vor allem aus dem Krieg in der Ukraine und dem Ausfall russischer Erdgaslieferungen resultieren. Was kann eine straffere Geldpolitik hier ausrichten? Nicht viel. Anschauliches Beispiel: Man stelle sich vor, die Energieversorgung würde vollends zusammenbrechen, zum Beispiel infolge weiterer Anschläge auf Pipelines. Dann würden Preise und Inflation auf Rekordhöhen schießen – ganz egal, wie hoch die EZB die Leitzinsen noch schraubt.

Daraus folgt, dass die Notenbanken das Problem der Inflation nicht lösen werden. Es braucht stattdessen die Behebung des Energiemangels. Um die Preise in den Griff zu bekommen, müssen die EU-Regierungen vor allem schnellstmöglich die erneuerbaren Energien ausbauen, ob Windräder oder Solarpaneele. In zweiter Linie gilt es, kurzfristige –und vorübergehende – Alternativen zu russischen Energieimporten zu finden und zu nutzen: von Flüssigerdgas über Kohle bis zur Atomkraft.

Die Zentralbanken hingegen müssen vorsichtig sein mit überstürzten Zinserhöhungen. Schraubt die EZB die Zinsen nämlich zu hoch, kann dies eine tiefe Rezession auslösen. Dann könnte am Ende das schlechteste Szenario überhaupt eintreten: hohe Arbeitslosigkeit verbunden mit weiterhin hoher Inflation, weil der Mangel an Energie ja nicht behoben ist. (Joseph Gepp, 30.9.2022)