Der wahlkämpfende Bundespräsident Alexander Van der Bellen und sein Vorgänger Heinz Fischer trafen einander in der Josefstadt bei einem Wiener Würschtelstand. "Unter regem Medieninteresse", wie es dazu hieß. Es gab Bosna und Bier aus der Flasche. Fischer empfahl Van der Bellen als guten Bundespräsidenten, und dann gingen alle wieder heim. An einem anderen Ende der Stadt führte Bürgermeister Michael Ludwig im "kleinsten Weingarten Wiens" (100 Quadratmeter) auf dem Schwarzenbergplatz wieder die traditionelle Weinlese durch. Assistiert wurde ihm dabei von, Überraschung, Dompfarrer Toni Faber. Der Bürgermeister versprach einen ausgezeichneten Tropfen, dann gingen alle wieder ins Büro bzw. in die Redaktion. Eh nett. Aber ist es sehr arg spielverderberisch und sauertöpfisch, wenn man diese beiden Ereignisse und andere, ähnliche, irgendwie als aus der Zeit gefallen empfindet? Da erklärt zur selben Zeit ein russischer Despot dem Westen de facto den Krieg, und wir üben uns in Folklore. Sicher, die Welt wird nicht beruhigender, wenn der Bürgermeister und die beiden Präsidenten ihre PR-Termine absagen. Aber kann man auch mehr Substanzielles von ihnen hören? VdB hat immerhin zugegeben, dass er sich in Putin getäuscht habe. Aber eine Grundsatzrede wäre auch nicht schlecht gewesen. Vom Bürgermeister könnte man sich etwas Prinzipielles zum Baukonzept der Stadt im Zeichen der Klimakrise erwarten. Orientierung halt. (Hans Rauscher, 30.9.2022)
Hans Rauscher
Weinlese, Würschtelstand
Eh nett, wenn Politiker Fototermine machen, aber...