Wenn am 2. Oktober um 10:00 Uhr in Nickelsdorf das letzte Wahllokal aufmacht, schließt jenes in Mischendorf schon wieder. Und dann hat es auch nicht mehr allzu lange gedauert, bis das erste Wahlergebnis veröffentlicht wurde, das Bürgermeister Ernst Simitz (SPÖ) als Bürgermeister bestätigt.

Schon alles fix

Ernst Simitz ist der einzige Kandidat der Güssinger Gemeinde Tschanigraben und amtierender Bürgermeister der kleinsten Gemeinde im Burgenland. Die 80 abgegeben Stimmen waren schnell gezählt.

Die Wahlen in den 171 burgenländischen Gemeinden bieten aber – abgesehen von Tschanigraben – doch einige Möglichkeiten für unerwartete Überraschungen.

Manfred Kölly, rechts, tritt in Deutschkreutz an, am Bild mit Thomas Steiner, Bürgermeister von Eisenstadt.
Foto: APA / Robert Jäger

Das zeigte auch Manfred Kölly (Liste Burgenland) bei der vergangenen Wahl. Der langjährige Bürgermeister von Deutschkreutz, der seine Karriere bei der FPÖ begann, wurde wegen Wahlmanipulation verurteilt. 17 Monate bedingt. Er legte sein Amt zurück. Nun kandidiert er nicht nur wieder – er könnte die Wahl sogar für sich entscheiden, flüstert man sich zwischen Deutschkreutz und Eisenstadt zu. Und wenn nicht jetzt, dann vielleicht am Tag der engeren Wahl des Bürgermeisters am 23. Oktober 2022. Bei dieser Wahl gab es auch einen vorgezogenen Wahltag am 22. September.

Rote wollen verlorene Gemeinden zurück

Aktuell stellen sechs Listen je einen Bürgermeister im Burgenland, die ÖVP 82, die SPÖ 83. Bei der vergangenen Wahl drehte die SPÖ neun Gemeinden zu ihren Gunsten, die ÖVP derer 12. Gerade die einst roten Hochburgen Steinbrunn und Hornstein will die SPÖ wieder für sich gewinnen. Ganz einfach wird das aber nicht. In Hornstein hat Bürgermeister Christoph Wolf (ÖVP) viel weitergebracht, heißt es im Ort. Nicht alles von dem, was er weitergebracht hat, stößt aber auch auf Wohlwollen. Vor allem aber, wie er sich selbst in Amtsmitteilungen in den Vordergrund spielt – er vermeidet es zudem im Wahlkampf tunlichst die ÖVP zu erwähnen und tritt als Team Wolf für die ÖVP an – stößt seinen politischen Gegnern auf. Die SPÖ hingegen kann mit der Professionalität Wolfs nicht mithalten und verschickte ein mehrere Seiten dickes Wahlprogramm, das nur so vor Fehlern strotzt. Manch Konservativer fragt sich belustigend, wie diese Fraktion die Bürger vertreten will, wenn sie sich selbst nicht vertreten kann.

Die SPÖ Oberpullendorf wirbt mit ihrem Mut und Weitblick.
Foto: derStandard

Während mehrere ÖVP-Kandidaten im Burgenland, genauso wie Christoph Wolf, versuchen, sich von der Mutterpartei abzugrenzen, stolpern die Ortsorganisationen der SPÖ über andere Stöcke. Unglückliche Aussendungen gab es nämlich auch in Oberpullendorf, wo die Bezirks-SPÖ mit "Mut" und "Weitblick" wirbt, und dafür 30 Männerportraits auf die Titelseite hebt. In Eisenstadt war man anscheinend zu faul, im Folder, der die Vorzugsstimmen-Wahl erklärt, die Vorlage zu bearbeiten und die eigene Liste einzutragen. Dort findet man nun unter "Auszug aus dem Stimmzettel für die Gemeinderatswahl am 2.Oktober 2022 in Eisenstadt" 15 Mal eine Margit Musterfrau und 15 Mal einen Max Mustermann, mit jeweils anderen Geburtsjahren, die zur Wahl stehen.

Eisenstadt

Die SPÖ-Spitzenkandidatin in Eisenstadt, Charlotte Toth-Kanyak, hat aber auch so schon kein leichtes Los. Seit Wochen versucht man noch schnell etwas gegen Bürgermeister Thomas Steiner (ÖVP) zu finden, das man groß spielen kann, aber keiner der Angriffe will anscheinend wirklich landen. Man wirft Steiner den "rechtswidrig entstandenen Bau" von "frei finanzierten Wohnungen" vor, die "geplante Verbauung der Baum-Allee zwischen Kleinhöflein und Eisenstadt", "Verschleierungstaktiken bei Vergaben" und wie es die SPÖ bei Wolf in Hornstein auch macht, die "Selbstinszenierung im öffentlich finanzierten Amtsblatt".

In Eisenstadt scheint es, als wollte die SPÖ Margit Musterfrau und Max Mustermann gleich mehrmals ins Rennen schicken.
Foto: derStandard

Spannender wird die Wahl da in Güssing. Dort hat zwar die SPÖ seit 2012 wieder das Reden – aber mit der ÖVP einen starken Gegner, die öffentlich wirksam findet, dass in der Stadt zu wenig weitergeht. Ähnlich ist die Situation in Wimpassing. Dort hat Bürgermeister Ernst Edelmann (SPÖ) die einst schwarze Gemeinde drehen können. Die immer noch starke ÖVP machte ihm aber, wo es ging, das Leben schwer und schmetterte auch zuletzt einen geplanten Photovoltaikpark ab, der Edelmanns Aushängeschild hätten werde können.

Ein Abgang und ein zufriedener Zweiter

Sicherlich gelassener als Edelmann wird Friederike Reismüller (SPÖ) diese Wahl verfolgen. Nach 25 Jahren tritt die längstdienende Bürgermeisterin des Burgenlandes nicht mehr an und überlässt Rüdiger Knaak den ersten Listenplatz auf der Kandidatenliste der SPÖ in Forchtenstein. Dort dürfte sich der Gegenkandidat Josef Neusteurer (ÖVP) mit seinem Schicksal als Zweiter bereits gut abgefunden haben, wie seine E-Mailadresse, in der er sich "vizesepp" nennt, nahelegt. Ob er einen neuen Account brauchen wird, weil er doch auf Platz 1 landet, werden wir am Abend wissen.

Um 16:00 Uhr schließen die letzten Wahllokale, also lange, nachdem die kleineren Gemeinden schon ausgezählt sind. Als letztes Ergebnis wird wohl vermutlich wieder jenes aus Eisenstadt kommen. Wenn alles gut läuft, könnte das gegen 20:00 Uhr sein. In der Landeswahlbehörde ist man aber sicherheitshalber auch für eine lange Nacht gerüstet. (Guido Gluschitsch, 2.10.2022)