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Besonders betroffen ist das sogenannte Ruhezustandsnetzwerk des Gehirns. Dieser postpartale Rückgang dieser spezifischen grauen Hirnmasse dürfte dafür sorgen, dass die Verbundenheit zwischen Vater und Baby gestärkt wird.

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In den neun Monaten einer Schwangerschaft und den Wochen danach macht der Körper einer Frau beträchtliche Veränderungen durch. Wie aber wirkt sich eine Schwangerschaft der Partnerin auf den Jungvater aus? Mitunter legen auch diese in der Zeit vor und nach der Geburt einiges an Masse zu.

Das scheint aber nicht alles zu sein, wie nun eine verblüffende Studie zeigt. Magdalena Martínez-García (Instituto de Investigación Sanitaria Gregorio Marañón in Madrid) fand mit ihrem Team nämlich heraus, dass auch bei Männern, die zum ersten Mal Väter werden, bestimmte Hirnregionen schrumpfen.

Für ihre Studie im Fachblatt "Cerebral Cortex" untersuchten die Fachleute eine Gruppe von 40 werdenden Vätern, je 20 aus Spanien und 20 aus den USA. Dazu gab es als Kontrollgruppe 17 spanische Männer, deren Partnerinnen kein Baby erwarteten. Um mögliche Veränderungen ihrer Gehirne zu messen, unterzogen sich die Probanden im Abstand von etwa einem Jahr zwei Magnetresonanztomographien. Bei den Vätern erfolgte die erste Aufnahme logischerweise vor und die zweite nach der Geburt des Kindes.

Spezifische Regionen betroffen

Die Forscherinnen und Forscher verglichen mittels dieser Aufnahmen das Volumen und die Dicke des Kortex, also der Großhirnrinde. Das ist jener Teil des Gehirns, der neben vielen anderen Dingen für Sinneswahrnehmungen, Sprache und Kognition zuständig ist. Diese Vergleiche zeigten, dass das Volumen der Kortexe von frischgebackenen Vätern nach der Geburt ihres Kindes geringfügig abnimmt. Diese Hirnschrumpfung ist dabei ungleichmäßig verteilt, wie die Forschenden berichten.

Am stärksten schrumpft der Bereich im hinteren Teil der Hirnrinde, in dem visuelle Informationen verarbeitet und interpretiert werden, sowie das sogenannte Default Mode Network (deutsch: Ruhezustandsnetzwerk).

Die Lage des Ruhezustandsnetzwerks im Gehirn.
Foto: John Graner, Walter Reed National Military Medical Center / wikimedia, gemeinfrei

Damit wird eine Gruppe von Gehirnregionen bezeichnet, die beim gedanklichen Nichtstun aktiv werden und beim Lösen von Aufgaben deaktiviert werden. Auch Tagträume, abschweifende Gedanken und das Nachdenken über sich selbst werden mit diesem Netzwerk in Verbindung gebracht.

Ähnlich wie bei Jungmüttern

Dieses Muster ahmt teilweise die Veränderungen nach, die in den Gehirnen von erstgebärenden Frauen zu finden sind. In einer Ende 2016 im Fachblatt "Nature Neuroscience" veröffentlichten Studie, an der einige Forschende des aktuellen Fachartikels mitarbeiteten, wurde beispielsweise festgestellt, dass auch in den Gehirnen von Jungmüttern Bereiche des Default Mode Netzwerks schrumpfen.

Die Unterschiede in den Gehirnen von Männern, die zum ersten Mal Väter werden, sind zwar weniger ausgeprägt und variabler als jene von erstgebärenden Frauen und werden vermutlich auch auf andere Weise verursacht. Aber unterschiedliche physiologische Mittel können immer noch zum selben evolutionären Ziel führen, und dieses Ziel besteht vermutlich darin, als Eltern besser zu "funktionieren".

Was bewirken die Veränderungen?

Das Team der Forschenden fragte in dieser früheren Studie die frisch entbundenen Mütter unter anderem auch danach, wie sie sich fühlen, wenn sie Zeit mit ihrem Nachwuchs verbringen, ob sie glauben, die Signale ihrer Babys zu verstehen, und ob sie ihnen gegenüber irgendwelche Arten von Groll empfinden. Sie fanden heraus, dass die Veränderungen des Gehirnvolumens nach der Geburt sowohl mit der Verbundenheit der Mutter mit ihrem Kind als auch mit dem Fehlen von Feindseligkeit ihm gegenüber korrelierten.

Die neue Untersuchung der spanischen Jungväter, deren Gehirnaktivität gemessen wurde, während sie Bilder ihres eigenen Babys und anderer Säuglinge betrachteten, ergab einen ähnlichen Effekt. Es zeigte sich, dass die Väter mit der größten Verringerung des Gehirnvolumens die stärksten MR-Reaktionen auf Bilder ihres eigenen Kindes im Vergleich zu Bildern anderer Kinder zeigten.

Die genauen Mechanismen, wie bei Männern diese neuronalen Veränderungen zustande kommen, die ihre elterliches Verhalten befördern, bleiben allerdings noch ein neurowissenschaftliches Rätsel. (tasch, 2.10.2022)