Die Kinde hätten am Set "großen Spaß" gehabt, sagt Regisseur Seidl zum Dreh seines Films "Sparta".

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Wien – Der Regisseur Ulrich Seidl hat sich nach den Vorwürfen rund um die Drehbedingungen seines Films "Sparta" zu Wort gemeldet. In einem Interview mit "Profil" sprach er von einer "grotesken Verdrehung" gewisser Medien, es so darzustellen, als wären am Dreh beteiligte Kinder "permanentem Machtmissbrauch" ausgesetzt gewesen. Auch sei er mittlerweile nach Rumänien gefahren, um den Film zu zeigen. "Mir selbst werfen die Familien – jetzt, wo sie den Film kennen – nichts mehr vor."

Seidl: Es müsse möglich sein, dass ein Kind weint

Das deutsche Wochenmagazin "Spiegel" hatte Anfang September nach Gesprächen mit Drehbeteiligten berichtet, die Familien rumänischer Laiendarsteller wären nicht korrekt über das Filmthema Pädophilie informiert worden und Kinder hätten sich am Set unwohl gefühlt. Seidl bestreitet das. Die Kinder hätten "großen Spaß" gehabt. "Sie reden heute noch davon, dass sie diese Zeit als Urlaub und Ferien erlebt haben", so der Wiener Regisseur. Die Kinder seien von Pädagoginnen betreut worden. Es gebe auch Arbeitsverträge, die das beweisen. "Ich bin ganz sicher, dass an meinem Set nichts passiert ist, das ein Kind in irgendeiner Form beschädigt hätte, weder psychisch noch physisch", so Seidl.

Die Eltern seien im Detail informiert worden, worum es in "Sparta" gehe. "Wir haben gesagt: Es geht um einen Mann, der sich mit Kindern umgeben will und sich zu ihnen hingezogen fühlt, der auch mit ihnen zärtlich ist." Seidl selbst habe das gemeinsam mit einer Dolmetscherin so erzählt. Warum dennoch der Wunsch bestand, den Medien Missstände zu melden? Seidl vermutet, dass eine Szene, in der ein Kind von einem bösen Stiefvater gedemütigt wird und zu weinen anfängt, ausschlaggebend gewesen sein könnte. Mitarbeiter, die nur kurz am Dreh beteiligt waren und mit Seidls Arbeitsweise nicht vertraut sind, könnten etwas Falsches abgeleitet haben. "Ich denke, es muss möglich sein, eine Filmszene zu drehen, in der ein Kind kurz weint, wenn es die Szene erfordert und man es nachher tröstet und ihm alles noch einmal erklärt. Das Kind weiß ja immer, dass ihm keine reale, keine echte Gefahr droht", meinte der Regisseur.

Verhältnis zu Eltern vernachlässigt

"Massiver Fehler" sei gewesen, dass er das Vertrauensverhältnis zu den Eltern vernachlässigt habe. Über drei Jahre habe er während Pandemie und Schnittprozess keinen Kontakt zu ihnen gehabt. "Eine Mutter hat mir nun auch erzählt, dass ihr erklärt worden sei, es kursierten möglicherweise Nacktfotos ihres Kindes auf pornografischen Internetseiten. Und dass das Jugendamt kommen werde. Die Eltern und Kinder wurden offensichtlich mit Dingen konfrontiert, angesichts derer sie Schlimmes befürchten mussten", meinte der 69-Jährige. Der "Spiegel" wies die Vorwürfe zurück. Man habe den Eltern in keinem Interview Angst gemacht und könne das auch belegen, hieß es gegenüber "Profil".

Mittlerweile war Seidl wieder in Rumänien und habe sich für das lange Schweigen entschuldigt. Der Film wurde in allen Haushalten gezeigt und sei "gut" angekommen. "Es gab gegen keine einzige Szene Einwände." Geführte Gespräche habe er auch mit deren Einverständnis aufgezeichnet.

Österreichpremiere bei Viennale

Machtverhältnisse denke er mit. "Meine Arbeit gründet auf gegenseitiger Wertschätzung und Vertrauen", so Seidl. Der Film drehe sich um Armut, Gewalt und Ausbeutung. "Ich habe den Film ja nur deshalb in Nordrumänien gedreht, weil sich die wahre Geschichte, die mich dazu inspiriert hat, eben dort zugetragen hat", sagte er im "Profil"-Interview, das unter anderem von Stefan Grissemann, der 2007 ein Buch über Seidl publizierte, geführt wurde.

"Sparta" hätte am Filmfestival von Toronto Weltpremiere feiern sollen. Die Veranstalter entschieden sich jedoch nach den erhobenen Vorwürfen dagegen. So kam es beim Internationalen Filmfestival von San Sebastian vor kurzem zur Weltpremiere. In Österreich ist der Film erstmals im Rahmen der 60. Viennale Ende Oktober zu sehen. (APA, 1.10.2022)