Tausende Zuschauer stürmen den Fußballplatz auf der indonesischen Insel Java.

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Jakarta – Die Zahl der Toten bei einer Massenpanik nach einem Fußball-Match in der indonesischen Provinz Ost-Java ist von den Behörden auf 125 nach unten korrigiert worden. Zunächst war von 174 Toten die Rede gewesen. Es seien aber Opfer mehrfach gezählt worden, teilte der Vizegouverneur der Region, Emir Dardak, mit, nachdem die Daten von zehn Krankenhäusern abgeglichen worden waren. Indes wurde die Anzahl der Verletzten am Sonntag von offiziellen Stellen mit 323 beziffert

Die Polizei hatte nach einem Platzsturm im Kanjuruhan-Stadion Tränengas eingesetzt, um die randalierenden Fans zu zerstreuen, hatte zuvor ein Behördenvertreter am Sonntag bei einer improvisierten Pressekonferenz erklärt. 34 Menschen seien demnach auf dem Spielfeld im Osten Javas gestorben, alle weiteren in Krankenhäusern.

Zu den Ausschreitungen war es nach dem Erstliga-Spiel zwischen Arema FC und Persebaya FC gekommen. Im Anschluss an die 2:3-Niederlage in Malang hatten Tausende Zuschauer den Platz gestürmt. Auf Videoaufnahmen lokaler TV-Sender ist zu sehen, wie es zu Handgreiflichkeiten kommt. Nebel liegt in der Luft, es handelt sich offenbar um Tränengas. Am Rand des Spielfelds liegen größere Polizeifahrzeuge mit zertrümmerten Scheiben auf der Seite, aus einem der Fahrzeuge steigt Rauch auf. Die Bilder zeigen auch Personen, die offenbar das Bewusstsein verloren haben, und von Helfern weggetragen werden. Auf Videos war zu sehen, wie die Massen nach dem Tränengaseinsatz in die zu engen Ausgänge drängten.

13 Fahrzeuge sollen laut Polizei während der Ausschreitungen beschädigt worden sein.
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Der Leiter eines örtlichen Krankenhauses sagte dem Sender Metro TV, einige der Opfer hätten Hirnverletzungen erlitten. Unter den Toten sei auch ein fünfjähriges Kind.

Unter den Toten seien auch zwei Mitglieder der Polizei gewesen, sagte Provinzpolizeichef Afinta. Die meisten Menschen sollen an Sauerstoffmangel gestorben sein. Bei den Ausschreitungen wurden auch 13 Fahrzeuge beschädigt, darunter zehn der Polizei.

Amnesty kritisiert Einsatz

Der indonesische Sicherheitsminister Mahfud MD schrieb auf Telegram, das Stadion sei über seine Kapazität hinaus gefüllt gewesen. Es seien 42.000 Eintrittskarten verkauft worden, das Stadion aber nur für 38.000 Besucher zugelassen. Ostjavas Gouverneur Khofifah Indar Parawansa sagte, die Verletzten und die Familien der Opfer könnten mit finanzieller Hilfe rechnen.

Bei Spielen in Indonesien ist es in der Vergangenheit wiederholt zu Ausschreitungen und auch Gewalt unter Anhängern verschiedener Vereine gekommen. Sportminister Zainudin Amali sagte dem Sender KompasTV nach dem Unglück, er werde die Sicherheit bei Fußballspielen neu bewerten und dabei auch erwägen, zunächst keine Zuschauer mehr in Stadien zuzulassen. Präsident Joko Widodo sagte, die Behörden müssten die Sicherheit bei den Spielen gründlich überprüfen. Er hoffe, dass dies "die letzte Fußballtragödie in diesem Land" gewesen sei. Wikodo wies den indonesischen Fußballverband an, alle Spiele der obersten Liga bis zum Abschluss von Ermittlungen auszusetzen. Amnesty International Indonesien kritisierte, der Einsatz von übermäßiger Gewalt durch den Staat zur Eindämmung solcher Ansammlungen sei in keinster Weise gerechtfertigt.

Spielbetrieb in erster Liga ausgesetzt

Die Fußball-Clubs Arema und Persebaya sprachen den Opfern und ihren Familien ihr Beileid aus. "Arema FC spricht tiefes Beileid für die Katastrophe in Kanjuruhan aus. Das Management von Arema FC ist auch für den Umgang mit den Opfern verantwortlich, sowohl für die Toten als auch für die Verletzten", sagte Vereinschef Abdul Haris. Der Club werde ein Krisenzentrum und eine Opferinformationsstelle einrichten. "Bei den Familien der Opfer entschuldigt sich das Management von Arema FC zutiefst und ist bereit, eine Entschädigung zu leisten. Das Management ist bereit, Vorschläge für den Umgang mit der Katastrophe anzunehmen, damit viele gerettet werden", erklärte Haris.

Der indonesische Fußball-Verband (PSSI) setzte den Spielbetrieb in der ersten Liga schon vor dem Statement von Präsident Widodo für eine Woche aus. Arema wurde die Austragung von Heimspielen für den Rest der Saison untersagt. Zudem habe der Verband ein Untersuchungsteam eingesetzt, das noch am Sonntag seine Arbeit aufnehmen sollte. "PSSI bedauert die Aktionen der Aremania-Anhänger im Kanjuruhan-Stadion. Es tut uns leid und wir entschuldigen uns bei den Familien der Opfer und bei allen Beteiligten für den Vorfall", sagte der Verbandsvorsitzende Mochamad Iriawan. Man werde die Polizei bei der Aufklärung unterstützen.

Entsetzen

Die Spitze des Fußball-Weltverbands Fifa hat entsetzt reagiert. Die Fußballwelt befinde sich in einem "Schockzustand", sagte Präsident Gianni Infantino: "Dies ist ein dunkler Tag für alle, die am Fußball beteiligt sind, und eine unvorstellbare Tragödie. Ich spreche den Familien und Freunden der Opfer, die nach diesem tragischen Vorfall ihr Leben verloren haben, mein tiefstes Beileid aus.

Die Massenpanik ist eine der schwersten Katastrophen der Fußball-Geschichte. 1964 starben bei einem Spiel zwischen Peru und Argentinien in Lima mehr als 300 Menschen. Bei der Katastrophe von Hillsborough 1989 wurden 96 Fans des FC Liverpool getötet und mehr als 700 verletzt. (APA, Reuters, red, 2.10.2022)