Die Premierministerin Luz Truss im Gespräch mit dem britischen Nachrichtensender BBC.

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Birmingham – Die britische Premierministerin Liz Truss hat Fehler bei der Einführung ihrer umstrittenen Steuersenkungen eingeräumt. "Ich stehe zu dem angekündigten Paket", sagte Truss der BBC am Sonntag zum Start des Tory-Parteitags in Birmingham. "Ich sehe aber ein, dass wir es besser hätten vorbereiten sollen." Ihre Regierung habe einen "klaren Plan", um mit der Energiekrise und der Inflation fertigzuwerden und die Wirtschaft wieder anzukurbeln, bekräftigte die Regierungschefin.

Ihr vor rund einer Woche vorgelegter "Wachstumsplan" wird von Investoren und Ökonomen kritisiert, weil er zusätzliche Ausgaben in Milliardenhöhe vorsieht – aber kaum Details dazu, wie diese kurzfristig finanziert werden sollen. Experten zufolge könnten die Maßnahmen umgerechnet bis zu knapp 230 Milliarden Euro kosten.

Ratingagenturen sind skeptisch

Auch Finanzminister Kwasi Kwarteng hatte sich zwar bereits am Samstag erneut geäußert, Details aber weiter offengelassen. Er bekräftigte in einem Beitrag für die Zeitung "Telegraph" lediglich, im November einen "glaubwürdigen Plan" zum Schuldenabbau vorzulegen. Dabei werde man sich auch verpflichten, die öffentlichen Ausgaben unter Kontrolle zu bringen. Es sei klar, dass die angekündigten Maßnahmen nicht überall auf Gegenliebe stießen. Man habe aber keine Wahl gehabt.

Zuletzt hatte sich die Ratingagentur S&P (Standard&Poor´s) dem skeptischen Blick anderer Institutionen angeschlossen und den Ausblick für britische Staatsschulden von "stabil" auf "negativ" gesenkt. Auch die Agentur Moody's und der Internationale Währungsfonds (IWF) haben Bedenken. Ein schlechteres Rating kann dazu führen, dass für die Aufnahme neuer Schulden höhere Zinsen gezahlt werden müssen – was die Handlungsspielräume einengt.

Offen ist, ob durch die Pläne die Verschuldung weiter ansteigt oder sich die Maßnahmen alleine tragen, wie es die Regierung hofft. Am Devisenmarkt war das Pfund vergangene Woche zum Dollar auf den niedrigsten Stand seit 37 Jahren abgestürzt. Auch am Anleihemarkt ging es bergab. Letztlich griff die britische Notenbank ein, um die Verwerfungen abzumildern.

Abschaffung des Spitzensteuersatzes umstritten

Das Vorhaben ist auch in der Konservativen Partei von Truss umstritten. Dabei geht es vor allem um die geplante Abschaffung des höchsten Einkommensteuersatzes von 45 Prozent. Einige Konservative sorgen sich, als die Partei angesehen zu werden, die Steuern für die Reichsten senkt, während sie wenig für die Schwächsten tut.

Truss sagte, sie unterstütze die Abschaffung des Spitzensteuersatzes. Die Entscheidung sei aber von Kwarteng getroffen worden. Die Frage, ob die Abschaffung einiger Steuern mit Kürzungen bei öffentlichen Dienstleistungen bezahlt werden müssten, ließ Truss offen.

Die Konservative Partei beginnt am Sonntag (17 Uhr MESZ) ihren Parteitag. Bis Mittwoch diskutieren Hunderte Delegierte aus ganz Großbritannien, aber auch Vertreter aus Wirtschaft und Gesellschaft über den künftigen Kurs der Regierungspartei. Bei zahlreichen Veranstaltungen im Stil einer Konferenz sollen Mitglieder auch in Bereichen wie Anwerbung oder Social Media geschult werden. Jeden Tag sind Reden von Spitzenpolitikern geplant. Regierungschefin Truss spricht erst zum Abschluss. (APA, 2.10.2022)