Die Teuerung ist eine Belastung. Weniger Arbeitslose bedeuten aber im Regelfall weniger Menschen, die um ihre Existenz bangen müssen.

Foto: APA

Gefühlt vergeht inzwischen kein Tag mehr ohne neue Horrormeldungen aus der Volkswirtschaft. Die Inflation ist bereits auf über zehn Prozent geklettert, Sorgen wegen der Folgen des Krieges in der Ukraine belasten die Stimmung der Unternehmer. Dazu kommen die hohen Energiepreise und steigende Zinsen, die Investitionen erschweren. Sprich: Alles sieht nach dem perfekten Sturm aus.

Doch der Arbeitsmarkt steht erstaunlich robust da, was keine Kleinigkeit ist. Nichts trägt so sehr dazu bei, die eigene Armutsgefährdung zu erhöhen, wie der Verlust des Arbeitsplatzes. Wenig bringt Regierungen so stark in Bedrängnis wie eine Krise am Jobmarkt. Aber genau davon ist nichts zu sehen.

Laut den am Montag veröffentlichen Zahlen von Arbeitsministerium und AMS waren im September in Österreich 306.000 Menschen arbeitslos oder befanden sich in einer AMS-Schulung. Das sind um 32.000 oder fast zehn Prozent weniger als noch vor einem Jahr. Dieser Wert ist deutlich niedriger als in den vergangenen Jahren, genau genommen der niedrigste seit September 2009.

Rückgang, so weit das Auge reicht

Die Arbeitslosigkeit ist im Vergleich zum Vorjahr in allen Bundesländern rückläufig und auch in allen Bevölkerungsgruppen, wobei es im Detail wie immer Unterschiede gibt. Besonders deutlich war der Rückgang bei über 50-Jährigen mit minus 14 Prozent, bei jüngeren war der Wert deutlich niedriger. Bei Inländern ging die Arbeitslosigkeit mit minus 13,4 Prozent ebenso stärker zurück als bei ausländischen Staatsbürgern mit 2,7 Prozent.

Noch beachtlicher sind die Werte, weil im Vergleich zum Vorjahr auch die Kurzarbeit de facto verschwunden ist. Gab es vor einem Jahr um diese Jahreszeit gut 60.000 Anträge auf Kurzarbeit, sind es aktuell nur noch um die 6.000, von denen laut Auskunft des AMS wegen der strengeren Regeln auch nur ein Bruchteil genehmigt wird.

Warum ist die Lage derzeit so gut? Laut dem Arbeitsmarktexperten Helmut Mahringer vom Forschungsinstitut Wifo kommen zwei Trends zusammen: Zunächst habe sich Österreichs Wirtschaft im vergangenen halben Jahr gut entwickelt, die Konjunktur brummte. Das habe inzwischen deutlich nachgelassen, aber insgesamt bleibt ein sattes Plus über, was sich positiv auf Beschäftigung und Arbeitslosenzahlen ausgewirkt habe.

Dank der guten Entwicklung haben auch Gruppen vom Aufschwung profitiert, die normalerweise nach einem Jobverlust nur schwer wieder den Weg zurück finden, besonders ältere Jobsuchende. Ihre Erwerbsbeteiligung sei deutlich gestiegen.

Auch Demografie spielt mit

Als zweiter Faktor spiele Demografie mit hinein: In den vergangenen Jahren habe es laufend eine Ausweitung des Arbeitskräfteangebots in Österreich gegeben. Sprich: Mehr Menschen sind auf den Arbeitsmarkt gedrängt, vor allem aus dem Ausland, die Unternehmen hatten eine große Auswahl. Das hat sich verändert, wie auch AMS-Chef Johannes Kopf sagt. Das Arbeitskräftepotenzial, also die Summe von Menschen in Beschäftigung und Arbeitslosen, steigt nur noch leicht, nicht zuletzt wegen der Geflüchteten aus der Ukraine.

Am Arbeitsmarkt läuft es gut, aber gibt es schon Anzeichen dafür, dass sich das bald ändern wird? Saisonbereinigt ist die Zahl der Arbeitslosen zuletzt schon leicht gestiegen. Sprich, die Konjunktur hat sich etwas eingetrübt, und das ist zu merken. Aber aktuell sieht das eher nach kleinen Effekten aus.

Laut AMS-Chef Kopf sind nämlich die typischen Frühindikatoren, aus denen sich auf die weitere Entwicklung schließen lässt, derzeit im grünen Bereich. So wurden dem AMS im September 50.000 neue offene Stellen gemeldet. Die Gesamtzahl der freien Stellen war zwar leicht rückläufig, liegt aber bei immer noch bei 128.000. Bei der Arbeitskräfteüberlassung ist die Arbeitslosigkeit ebenfalls stark rückläufig gewesen. Auch das ist ein positives Zeichen, Unternehmen können sich von überlassenen Arbeitskräften sehr leicht trennen, darum steigt die Quote meistens hier als Erstes an. Und auch auf dem Bau ist die Entwicklung noch robust.

Mehr Beschäftigte, weniger gearbeitete Stunden

Die weitere Entwicklung dürfte in Zusammenhang mit der Energiekrise stehen. Sofern Gas aus Russland weiter kommt und es keine Mangellage gibt, stehen die Chancen nicht schlecht, dass der Jobmarkt robust bleibt.

Interessant ist übrigens, dass auch die Beschäftigung stark gestiegen ist und weiter leicht steigt: Aktuell gibt es in Österreich laut Wifo fast 3,9 Millionen unselbstständig aktiv Beschäftigte. Das sind um gut 100.000 mehr als vor der Pandemie. Die Zahl der gearbeiteten Stunden liegt leicht, um etwa drei Prozent, unterhalb der Vorpandemiewerte, so die Wifo-Analyse. Darin zeigt sich auch der Drang zu mehr Teilzeit. (András Szigetvari, 3.10.2022)