Manchmal kommt es anders als gedacht: Eigentlich war die Vorstellung neuer Nest-Hardware von Google erst für Donnerstag erwartet worden – parallel zur Präsentation von Pixel 7 (Pro) und Pixel Watch. Doch das Unternehmen scheint sich kurzfristig umbesonnen zu haben, und so gibt es bereits jetzt News zu neuen Geräten, der Smart-Home-Zukunft mit Matter und einem grundlegenden Redesign für jene App, die all das steuern soll.

Nest Wifi Pro

Den Start macht neue Hardware, und zwar Hardware der besonderen Sorte. Sie soll nämlich ganz Google-untypisch auch direkt in Österreich erhältlich sein – und das vom Start weg. Mit dem Nest Wifi Pro stellt das Unternehmen seinen bisher stärksten WLAN-Router vor.

Das zentrale Feature ist dabei der Support für den neuesten WLAN-Standard – WiFi 6E. Dieser erweitert das genutzte Frequenzspektrum nämlich zum ersten Mal seit rund 20 Jahren. Konkret geht es dabei um einen Bereich rund um 6 GHz, der vor allem in dichtbesiedelten Gebieten, wo sich WLAN-Netze meist gegenseitig stören, mehr Platz schaffen soll.

Der Nest Wifi Pro fügt sich nahtlos in ein vollständig normales Wohnungssetup ein.
Grafik: Google

Gute Nachrichten

Das Ganze hat allerdings einen Haken: Obwohl es seit zwei Jahren eine entsprechende EU-Verordnung gibt, auf die etwa Deutschland schon vor mehr als einem Jahr reagiert hat, wurden die entsprechenden Frequenzen in Österreich noch immer nicht freigegeben. Die gute Nachricht: Das soll sich laut dem STANDARD vorliegenden Informationen bereits in wenigen Wochen ändern, womit dann nicht nur der Nest Wifi Pro, sondern auch andere High-End-WLAN-Router endlich ihre volle Leistungsfähigkeit entfalten können.

Mesh

Für den Nest Wifi Pro ist das gar essenziell. Handelt es sich dabei doch um einen sogenannten Mesh-Router, der im Verbund zwischen mehreren Geräten auch größere Flächen lückenlos abdecken soll. Und wie Google auf Nachfrage betont, erfolgt die interne Mesh-Kommunikation primär über den 6-GHz-Bereich. Das ist übrigens auch der Grund, warum das neue Modell nicht mehr mit alten Google-Wifi- und Nest-Wifi-Routern kompatibel sein soll, da dies sonst die gesamte Netzwerkgeschwindigkeit drücken würde. Bevor es hier zu Missverständnissen kommt: Natürlich unterstützt der Nest Wifi Pro auch alle alten WLAN-Standards und gewohnte Frequenzbereiche wie 2,4 und 5 GHz.

Made by Google

Eckdaten

Aber zurück zum Gerät selbst. Der Hersteller verspricht eine Gesamtgeschwindigkeit von bis zu 4,2 Gbit/s. Ein einzelner Router soll dabei 120 Quadratmeter abdecken, bei der Nutzung zweier Geräte sollen es dann bis zu 220 Quadratmeter sein. Der Nest Wifi Pro ist zudem mit zwei Gigabit-Ethernet-Anschlüssen für Kabelverbindungen ausgestattet. Der Router ist 130 x 117 x 85 Millimeter groß, das Gewicht liegt bei 450 Gramm.

Generell soll die neue Routergeneration deutlich besser mit einer Vielzahl von Geräten umgehen können, bis zu 100 Devices pro Zugangspunkt sollen kein Problem sein, versichert Google. Das aus einer simplen Erkenntnis: In den vergangenen fünf Jahren habe sich die Zahl von mit dem heimischen WLAN verbundenen Geräten versiebenfacht, rechnet Google vor. Aktuell sind es demnach im Schnitt 25 Devices, die in einem typischen WLAN eingebunden sind.

Die Rückseite des Nest Wifi Pro mit zwei Gigabit-Ethernet-Anschlüssen.
Grafik: Google

Software

Wie immer betont Google auch seine Softwarestärken: Der Nest Wifi Pro kann automatisch nach Inhalten priorisieren, also etwa Videochats bevorzugen. Aber auch sonst sollen Netzwerkprobleme automatisch erkannt und – wo möglich – gleich korrigiert werden. Selbst über beschädigte Netzwerkkabel soll der Router dabei informieren. Updates werden automatisch installiert – und sollen regelmäßig veröffentlicht werden, wie Google verspricht. Als Mindestzeitraum für den Software-Support spricht Google von fünf Jahren – also bis zum Oktober 2026.

Preis und Verfügbarkeit

Der Nest Wifi Pro kann ab sofort vorbestellt werden, ausgeliefert wird dann ab dem 27. Oktober. Der Preis liegt bei 219,99 Euro für einen Router, ein Zweierpack schlägt dann mit 329,99 Euro zu Buche. Eine Unterscheidung in Basis- und Satellitenstationen gibt es dabei übrigens nicht, beide sind von der Hardware her identisch.

In Österreich wird es nur die Farbvariante "weiß" geben, wie gewohnt hat man dabei ein möglichst unauffälliges Design gewählt, damit sich das Gerät gut ins Zuhause einfügt. Immerhin ist das Verstecken in irgendeinem Kasten so ziemlich das Schlechteste, was man für die WLAN-Qualität machen kann.

Matter

Ein Ausstattungsdetail sei aber noch nachgereicht, leitet es doch schön zum nächsten Thema über: Der Nest Wifi Pro enthält auch Support für das Netzwerkprotokoll Thread und die damit einhergehenden Funkkomponenten, womit er auch als Eckpunkt ("Border Router") für Smart-Home-Geräte dienen kann. Und zwar jene, die den neuen Matter-Standard nutzen.

Matter ist generell ein großes Thema für Google, hat man doch in den vergangenen Jahren mit zahlreichen anderen Firmen zusammengearbeitet, um endlich einen gemeinsamen Smart-Home-Standard zu etablieren. Ganz fertig ist dieser zwar noch immer nicht, aber wenn alles gutgeht, sollte die Version 1.0 der zugehörigen Spezifikation in den kommenden Wochen veröffentlicht werden.

Die Idee

Was Matter im Detail ist, wurde bereits an anderer Stelle ausführlich erklärt. Aber in der Kurzfassung: Damit wird endlich ein gemeinsamer Standard für Smart-Home-Geräte geschaffen, hinter dem auch alle relevanten Unternehmen stehen – von Google über Apple bis zu Amazon und Samsung.

Matter soll vieles besser machen.
Grafik: Google

Das garantiert Interoperabilität, für Alexa entwickelte Geräte sollen sich künftig ebenso nahtlos in ein Google Home einpassen wie in eine Apple-Homekit-Umgebung. Dadurch könnte dann etwa ein aktueller Nest-Thermostat direkt von Homekit gesteuert werden. Vor allem aber soll all das auch lokal gehen – also ganz ohne einen Umweg über das Internet nehmen zu müssen. Außerdem legt Matter Sicherheitsstandards fest und vereinheitlicht und vereinfacht das Setup von Geräten.

Updates im Anflug

Bei Google selbst ist man auf die Matter-Welt jedenfalls bestens vorbereitet: Bis Ende des Jahres sollen alle bestehenden Geräte ein Update mit Matter-Support erhalten. Das gilt selbst für die ersten Google-Home-Lautsprecher, auch wenn die Breite der Unterstützung natürlich je nach vorhandener Hardware variiert. Einige aktuelle Nest-Geräte enthalten etwa bereits die notwendigen Komponenten für einen vollständigen Thread-Support, ältere können hingegen nur via Bluetooth und WLAN angesprochen werden.

Eine weitere Zielsetzung von Matter ist es, den Wildwuchs an Smart-Home-Apps einzudämmen. Immerhin soll sich dann alles über ein zentrales Programm steuern lassen. Google bremst im Rahmen eines Pressegesprächs im Vorfeld aber die Erwartungen. Denn natürlich kann hier nur abgedeckt werden, was auch Teil des offiziellen Matter-Standards ist.

Google will praktisch all seine Smart-Home-Geräte Matter-kompatibel machen.
Grafik: Google

Während die Grundlagen also alle über dieselbe App funktionieren werden, wird es immer Hersteller geben, die versuchen, sich über Extra-Features abzuheben – wofür dann wieder eine separate App vonnöten ist. Zudem betont Google, dass in Version 1.0 der Spezifikation noch nicht alle Gerätetypen enthalten sind, smarte Kameras sollen etwa erst mit einem späteren Update von Matter abgedeckt werden.

Google Home komplett neu

Die neue Google-Home-App.
Grafik: Google

Zur Steuerung des Smart Home – und dazu gehören auch die WLAN-Router – bietet Google schon seit geraumer Zeit die eigene Google-Home-App. Diese ist – freundlich formuliert – "historisch gewachsen", also verpasst das Unternehmen der Software nun ein grundlegendes Redesign. Eines mit einem ambitionierten Ziel: einfach genug für Anfänger und mächtig genug für Profis zu sein.

Favoriten

Die Startseite zeichnet sich dabei durch einen Überblick der wichtigsten Geräte aus. Also etwa einzelne Lichtschalter oder Thermostate, aber auch das aktuelle Live-Bild von Kameras werden direkt in dieser Ansicht dargestellt. Was hier angezeigt wird, können die Nutzerinnen selbst festlegen. Zudem gibt es eine zentrale Mediensteuerung für gerade laufende Inhalte im lokalen Netzwerk.

Spaces

Neu ist zudem das Konzept der "Spaces", in dem etwa alles zu Licht, aber auch Wifi oder sämtliche Kameras zusammengefasst werden. Mit einem Update im kommenden Jahr soll es dann möglich werden, eigene "Spaces" nach Belieben zusammenzustellen – also etwa alles für den Garten oder auch den eigenen Nachwuchs Relevante zu bündeln.

Die Kameraansicht wurde ebenfalls grundlegend überarbeitet, damit soll es nun erheblich leichter werden, durch den zeitlichen Verlauf der Aufzeichnungen zu schauen. Und was bisher auch undenkbar war: Es soll eine Web-Version von Google Home folgen, was vor allem für Überwachungskameras gedacht ist, wo solche Interfaces gebräuchlich sind. Auf der kommenden Pixel Watch soll es ebenfalls eine Google-Home-App zur Steuerung geben.

Einige "Spaces" in der neuen Google-Home-App.
Grafik: Google

Automatisierungen

Für all jene, die ihr Smart Home individuell anpassen wollen, von besonderem Interesse: Die neue App soll Automatisierungen leicht machen, passend dazu werden auch die Möglichkeiten für zugehörige Routinen ausgeweitet. Anfang kommenden Jahres soll dann gar die Möglichkeit folgen, über einen Editor eigene Skripte zur Automatisierung zu schreiben.

Die neue Google-Home-App soll bald als "öffentliche Vorschau" erhältlich sein. Die Teilnahme an diesem Preview-Programm soll direkt in der App angeboten werden. (Andreas Proschofsky, 4.10.2022)