EU-Außenbeauftragter Josep Borrell beim EU-Israel-Assoziationsrat am Montag in Brüssel.

Foto: EPA/OLIVIER HOSLET

Zehn Jahre lang glich die Beziehung zwischen der Europäischen Union und Israel dem Umgang zweier Nachbarn, die einzig über passiv-aggressive Zettelbotschaften miteinander kommunizieren – zumindest, was die höchsten diplomatischen Ebenen betrifft. Die EU pflegt Kritik an Israels Umgang mit den Palästinensern zu üben, Israel wiederum wirft der EU regelmäßig vor, palästinensischen Terror zu finanzieren. Direkte Gespräche im sogenannten EU-Israel-Assoziationsrat hat es seit 2012 nicht mehr gegeben.

Diese Funkstille fand am Montag ein Ende. Israels Premierminister Jair Lapid und EU-Außenbeauftragter Josep Borrell trafen einander Nachmittag gemeinsam mit mehreren Außenministern der EU und weiteren hochrangigen Diplomaten, um von nun an wieder enger zusammenzurücken. Im Gegensatz zum EU-skeptischen langjährigen israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu hatte Lapid sich schon seit seinem Amtsantritt als Außenminister im Juni 2021 vorgenommen, die Kontakte zur EU wieder zu vertiefen.

Handelspartnerschaft

Davon können beide Seiten profitieren. Die EU ist der wichtigste Handelspartner Israels. Das Neun-Millionen-Einwohner-Land bezieht den größten Teil seiner Importe aus der Union, auch bei den Ausfuhren steht die EU an erster Stelle. Der Hightech-Sektor nimmt dabei eine immer wichtigere Rolle ein. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hofft Israel aber auch, an den wieder erweckten Rüstungsgelüsten Europas mitnaschen zu können. Angesichts der andauernden Bedrohung durch Terrorgruppen und -regimes und einer hohen Investitionsquote in Forschung und Entwicklung verfügt Israel über eine der technologisch am besten entwickelten Armeen der Welt. Auch Spionagetools und Lösungen zur Abwehr von Cyberattacken werden von der Start-up-Nation Israel in zahlreiche europäische Staaten exportiert.

Inzwischen ist der Dienstleistungssektor im Exportbereich umsatzmäßig noch wichtiger als israelische Exportgüter wie Pharmazeutika oder Industrieprodukte. Bestehende Freihandelsabkommen zwischen der EU und Israel wurden aber bislang nicht auf die Dienstleistungen ausgeweitet. Im Assoziationsrat soll das ein Thema sein.

Der Umgang mit der Klimakrise macht Israel aus europäischer Sicht aber ebenfalls zum wichtigen Partner. Der Wüstenstaat ist Vorreiter in der Wasseraufbereitung und bei Hightech-Lösungen für die Landwirtschaft unter schwierigen Bedingungen.

Keine Förderung für Siedlerprojekte

Eigentlich hatte Israel zu den ersten nichteuropäischen Staaten gehört, die diplomatische Beziehungen mit Brüssel pflegten. Als die Union begann, bei Förderprogrammen für Israel von vornherein die völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten auszuschließen, sagte Israel aus Protest die geplanten Gespräche im Assoziationsrat ab. Seither gab es kein Treffen mehr. Zuvor vereinbarte Kooperationen, etwa die Förderung des Flugverkehrs zwischen Europa und Israel im Open-Skies-Abkommen, kamen aber mit einiger Verzögerung ins Rollen. Dass Europa an seiner differenzierten Haltung zu den Siedlungen im Westjordanland festhielt, wird von den verschiedenen israelischen Regierungen seither seufzend hingenommen.

Nun könnte aber ausgerechnet dieser Punkt erneut zum Zankapfel werden, der die wiederbelebten Beziehungen belastet: Der stellvertretende Premierminister Israels, Naftali Bennett, machte Jair Lapid einen Strich durch die Rechnung, indem er ein Veto gegen ein europäisch-israelisches Kulturförderprogramm einlegte. Sollte sich daran nichts ändern, würde die geplante Kulturförderung im Umfang von zwei Millionen Euro für gemeinsame Projekte von israelischen und europäischen Kulturschaffenden nicht fließen. Paradox daran: Es war Bennett selbst, der vor wenigen Monaten, damals noch als Premierminister, seine Zustimmung zu dem Förderpaket gegeben hatte. Danach begannen Siedlerlobbys aber lautstark gegen das Programm zu protestieren, weil die Förderrichtlinien dezidiert Siedlungen ausschließen. Ihre Logik: Solange nicht auch Siedlerprojekte gefördert werden, soll kein israelischer Künstler EU-Geld bekommen. (Maria Sterkl aus Jerusalem, 3.10.2022)