FPÖ-Chef Herbert Kickl fordert von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) Maßnahmen, um illegale Migration zurückzudrängen.

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Nach der Sondersitzung des Nationalrats am Montag kamen die Parlamentarier am Dienstag ein weiteres Mal außertourlich zusammen. Diesmal ging es auf Verlangen der FPÖ um deren Lieblingsthema Asyl. Oder besser gesagt die in Österreich steigende Anzahl an Asylanträgen. Mehr als 56.000 Asylanträge wurden heuer in Österreich bereits gestellt. Die etwa 85.000 Vertriebenen aus der Ukraine, die Österreich aufgenommen hat, sind da nicht dabei. In einer dringlichen Anfrage an Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sprechen die Freiheitlichen von einem "Ansturm illegaler Migranten nach Österreich" und wollen wissen, welche Gegenmaßnahmen der Innenminister gedenkt zu ergreifen.

Im Parlament holte FPÖ-Chef Herbert Kickl einmal mehr zu einem Rundumschlag aus – vor allem gegen die türkis-grüne Regierung und sämtliche ÖVP-Innenminister der vergangenen Jahre. Die Regierung habe in Sachen Asylobergrenzen einen "riesigen Verrat an der eigenen Bevölkerung" begangen. Es seien "Zustände eingerissen, die das Katastrophenjahr 2015 in den Schatten stellen", konstatierte Kickl.

Man erreiche heuer fast 70.000 Asylwerber. Im Jahr 2020, als Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) noch Innenminister war, habe dieser einen "De-facto-Asylstopp" verkündet, seien es mehr als 14.000 gewesen. "Die alle kommen herein, weil Sie sich entschieden haben, unsere Grenzen nicht zu beschützen, sondern unsere Polizisten und Soldaten als Escort-Service zu missbrauchen", polterte Kickl in Richtung Karner. Die Situation an der burgenländisch-ungarischen Grenze zeige, dass die Regierung beim Thema Asyl "versagt" habe, meinte auch der SPÖ-Abgeordnete Reinhold Einwallner. Es gebe kein funktionierendes Grenzmanagement und es fehle Personal.

Problemfeld illegale Migration

Innenminister Karner räumte daraufhin ein, dass Österreich ein Problem im Bereich der illegalen Migration habe, an dem aber rund um die Uhr gearbeitet werde. Tatsächlich verzeichne man derzeit eine Steigerung der Asylantragszahlen um fast 200 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und er betonte in der Beantwortung der dringlichen Anfrage der FPÖ, dass man sich den Problemen stelle, aber "ohne Schaum vor dem Mund".

Für die aktuelle Migrationswelle ortete Karner mehrere Gründe, denen man versuche, einen Riegel vorzuschieben. Gelingen soll dies durch eine Reihe an Maßnahmen wie etwa stärkeren Grenzkontrollen, Registrierungen statt Durchwinken, polizeiliche Verfolgung der Schlepper, eine geplante Strafverschärfung für Schlepper und einem "Antimarketing" in den Herkunftsländern.

Dankbar zeigte sich der Innenminister gegenüber Kanzler Nehammer, dass es im Rahmen der Migrationskonferenz am Montag gelungen sei, Serbien zu verpflichten, bei der Verschärfung der Visaregeln mitzugehen. Wie berichtet, will Serbien für Drittstaatsangehörige die Möglichkeit einschränken, als Touristen nach Belgrad und dann weiter illegal in die EU zu reisen. Wann und wie genau, bleibt allerdings unklar.

"Partei Putins in Österreich"

Darüber hinaus machte die FPÖ auch die Russland-Sanktionen, gegen die sich die Freiheitlichen vehement stemmen, zum Thema. "Eigentlich bedeuten diese Sanktionen nichts anderes als ein gigantisches Programm der Massenverarmung und der Massenverelendung, und zwar für Österreich und für Europa", sagte Kickl. Österreich würde hier gemeinsam mit EU und NATO einen Wirtschaftskrieg führen und "in der Mentalität eines islamistischen Selbstmordattentäters" agieren.

Diese Kritik wiederum nahm Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer zum Anlass, um sich auf die blaue Haltung gegenüber Russland einzuschießen. Sie warf der FPÖ vor, "im Interesse Wladimir Putins" zu handeln. "Die Freiheitliche Partei ist die Partei Putins in Österreich", sagte sie. Und sie sei die einzige Partei, die sich "an die Seite des Kriegsverbrechers" stellen würde.

Parlament als Wahlkampfbühne

Als wahren Hintergrund für die auf Verlangen der FPÖ stattfindende Sondersitzung ortete Maurer übrigens die am Sonntag bevorstehende Hofburg-Wahl – und sie könnte damit nicht ganz Unrecht haben. FPÖ-Mandatar Hannes Amesbauer etwa nutzte seine Redezeit, um der Regierung vorzuwerfen, mit Alexander Van der Bellen einen Bundespräsidenten zu unterstützen, der sagen würde "Ausländer herein, so viele wie möglich". Darüber hinaus appellierte Amesbauer an die Bevölkerung: "Nutzen Sie am Sonntag die Gelegenheit, der Bundesregierung eins auszuwischen und vor allem den Van der Bellen aus der Hofburg rauszuwerfen."

Nach zwei Sondersitzungstagen geht für einen Teil der Abgeordneten am Mittwoch die Arbeit im ÖVP-U-Ausschuss weiter. Und auch Innenminister Karner darf dem Parlament erneut einen Besuch abstatten – er ist als Auskunftsperson geladen. (Sandra Schieder, 4.10.2022)