Finanzprokuratur-Chef Peschorn sieht seine Wortmeldung falsch wiedergegeben.

Foto: Standard/Hendrich

Ein Satz aus dem Aktenvermerk der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zu deren Sicherstellungsanordnung auf Datenlieferung aus dem Bundeskanzleramt zieht gerade weite Kreise. Den Rahmen der Angelegenheit bildet die Causa Umfragen/Beinschab, in der auch ehemalige Mitarbeiter des Kanzleramts beschuldigt sind. Diese sollen viele Daten gelöscht haben, weswegen die WKStA nun versucht, über ihre früheren Kolleginnen und Kollegen an Informationen zu gelangen.

Das Kanzleramt sieht die Sache rechtlich anders und hält die Sicherstellungsanordnung für zu unkonkret. Diese Meinung teilt auch die Republik Österreich, die von der Finanzprokuratur unter ihrem Präsidenten Wolfgang Peschorn vertreten wird. Inzwischen hat die Republik einen Einspruch gegen die Sicherstellungsanordnung der WKStA eingebracht und einen detaillierten Vorschlag für Amtshilfe zur "Unterstützung der Ermittlungen der WKStA" vorgelegt. Das schreibt die Finanzprokuratur, Anwältin der Republik, in einem Antrag auf Akteneinsicht vom 23. September.

"Sollbruchstelle der Gewaltenteilung"

Peschorn war am 7. September bei einer Besprechung mit Vertretern von Kanzleramt und WKStA dabei, über die die Ermittler einen Aktenvermerk angelegt haben. Wie DER STANDARD am 23. September berichtet hat, zitierte die WKStA Peschorn darin mit den Worten: "Wäre er noch Innenminister, hätte er das BAK (Bundesamt für Korruptionsbekämpfung, Anm.) angewiesen, den Vollzug zu verweigern."

Genau dieser Satz sorgt nun für helle Aufregung. Rechtsanwalt und Strafrechtsprofessor Richard Soyer und sein Kollege Philip Marsch schrieben am Montag in einem STANDARD-Gastkommentar von einer "Sollbruchstelle der Gewaltenteilung" und meinten: "Würde ein amtierender Innenminister die Fantasie des Präsidenten der Finanzprokuratur in die Tat umsetzen, wäre die Justiz mit einem Federstrich dieses Innenministers für den Anlassfall ausgeschaltet." Auch auf Social Media hagelte es Kritik an Peschorn.

Der sieht freilich eine "unzutreffende Darstellung" von Verlauf und Inhalt der Besprechung mit der WKStA, wie es in dem Antrag auf Akteneinsicht heißt. Demnach habe nicht er, sondern einer der Vertreter der WKStA Peschorns ehemalige Tätigkeit als Innenminister in der Übergangsregierung Bierlein thematisiert und ihm "absurderweise vorgehalten", dass das BAK "auch unter seiner Tätigkeit als Innenminister nie ein Problem in der Unbestimmtheit von Anordnungen der Sicherstellung der WKStA erkannt habe".

Peschorn: Innenminister nicht zu Weisungen berechtigt

Daraufhin habe er, Peschorn, seine "Überraschung" darüber kundgetan, dass seine Tätigkeit als Innenminister hier thematisiert werde. Und: Er habe "ausdrücklich festgestellt, dass ein Innenminister der Kriminalpolizei und daher auch dem BAK bei strafbehördlichen Ermittlungen keine Weisungen geben dürfe". Zudem habe er gesagt, dass er in seiner Zeit als Innenminister (Juli 2019 bis Jänner 2020, Anm.) von Ermittlungen des BAK "weder informiert wurde noch in diese eingegriffen" habe. Im Zusammenhang mit der von ihm als "unbestimmt" qualifizierten Anordnung habe er dann festgehalten, "dass er – wäre er jetzt Innenminister und wäre er zu Weisungen rechtlich befugt – wegen der Unbestimmtheit der Anordnung (…) dem BAK eine Weisung erteilen müsste".

Für Soyer und Marsch ist es "wichtig und erfreulich, dass der Präsident der Finanzprokuratur anlässlich der öffentlichen Diskussion die Rechtslage klargestellt hat: Anordnungen der Staatsanwaltschaften sind zu befolgen und nicht mit Weisungen eines Innenministers zu konterkarieren." Die beiden Rechtsanwälte betonen: "Für Rechtsschutz im Ermittlungsverfahren sind ausschließlich die Gerichte zuständig."

Wie es jetzt weitergeht? Die WKStA prüft das weitere Vorgehen, die Sicherstellungsanordnung bleibt aufrecht. (Renate Graber, Fabian Schmid, 4.10.2022)