Eltern wollen das Beste für ihre Kinder – darüber herrscht wohl Einigkeit. Daran, wie man dem Nachwuchs dieses verschaffen kann und wie viel elterliche Intervention dafür notwendig ist, scheiden sich jedoch die Geister. Der bekannte Leitsatz aus der Montessori-Pädagogik "Hilf mir, es selbst zu tun" stößt bei so manchen Eltern größer werdender Kinder auf taube Ohren.

Neben dem Phänomen der Helikopter-Eltern, die überfürsorglich um ihre Kinder herumschwirren und mit Argusaugen deren Tun und Lassen im Blick haben, gibt es schließlich noch die berüchtigten Rasenmäher-Eltern. Deren primäres Ansinnen in Erziehungsfragen besteht – nach dem Vorbild des gründlichen Gartenhelfers –darin, dem Sohn oder der Tochter in möglichst vielen Lebensbereichen jegliches Hindernis aus der Bahn zu räumen. Nicht selten schießen allzu engagierte Mütter und Väter dabei womöglich übers Ziel hinaus.

Sind die Kinder noch klein, ist elterliche Hilfe bei alltäglichen Herausforderungen kein Schaden.
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Warum selber machen, was Eltern ohnehin tun?

Die Tücken, die ein solcher Übereifer mit sich bringt, liegen auf der Hand: Gewöhnen sich Kinder an den beständigen elterlichen Support bei jeglichem Vorhaben, trägt dies später wenig zur Motivation bei, auf eigenen Beinen stehen zu wollen. Wird einem alles aus der Hand genommen, hört man je nach Naturell irgendwann auf, selbst zu agieren. Warum sollte man sich auch die Mühe machen, unter großen Anstrengungen selbst zu erreichen, was Mama oder Papa unentwegt so bereitwillig und zuverlässig übernehmen?

Der Drang, sich bald nach dem Eintreten der Volljährigkeit eine eigene Bleibe zu suchen, kann gering sein, wenn im "Hotel Mama" (seltener: "Hotel Papa") gewohnheitsmäßig keine Wünsche offen bleiben und mit Selbstverständlichkeit für drei Mahlzeiten am Tag, saubere Wäsche und ein ordentliches Zimmer gesorgt wird. Soll man sich dann nach einer womöglich ebenfalls von elterlicher Hand beeinflussten Ausbildung eigenständig im Berufsleben orientieren und etablieren, ganz allein Vorstellungsgespräche durchstehen und im Kollegium herausfordernde Situationen bewältigen, kommt es rasch zur Überforderung.

Wenn elterliche Hilfe nicht wirklich hilft

Bei Themen wie Arztterminen, Amtswegen, Kleidungskauf oder gar Partnersuche sollte man sich daher als noch so wohlmeinender Elternteil ab einem gewissen Alter der Kinder bewusst sein, dass ständige Einmischung und Begleitung bei allen Herausforderungen des Lebens sehr dazu beitragen können, die Selbstständigkeit des Nachwuchses empfindlich zu hemmen.

Um keine Missverständnisse zu schüren: Das gegenteilige Verhalten Erziehungsberechtigter, für ihren Nachwuchs keinerlei Einsatz zu zeigen und die Kinder ohne Intervention in ihr Unglück laufen zu lassen, kann ebenfalls nicht als ideal angesehen werden. Wie so oft im Leben empfiehlt es sich wohl, zwischen allzu aufdringlicher Unterstützung und völligem Desinteresse an den Belangen der Kinder die Balance zu finden.

Wie ist das bei Ihnen?

Wie selbstständig sind Sie selbst erzogen worden – und inwiefern haben Sie diese Erziehungsweise bei Ihren Kindern wiederholt? Was haben Sie Ihrem Nachwuchs ab welchem Alter zugemutet, allein zu bewältigen? Und haben Sie im Freundes- oder Bekanntenkreis Beispiele dafür, wie (un)selbstständig Kinder sich entwickeln, wenn sie zu viel oder zu wenig elterlichen Support erfahren? Berichten Sie im Forum! (Daniela Herger, 5.10.2022)