Deutschlands Außenministerin Baerbock (rechts) sagte zu ihrem polnischen Amtskollegen Rau, dass er die Haltung Deutschlands zu Reparationen bereits kenne.

Foto: IMAGO/Thomas Imo/photothek.net

Warschau – Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat polnische Reparationsforderungen in Billionenhöhe für Schäden und Opfer während des von Nazideutschland ausgelösten Zweiten Weltkriegs zurückgewiesen. Die Frage nach Reparationen sei aus Sicht der Bundesregierung abgeschlossen, betonte die Grünen-Politikerin am Dienstag nach Beratungen mit ihrem polnischen Amtskollegen Zbigniew Rau in Warschau.

Zugleich sicherte Baerbock zu: "Deutschland steht zu seiner historischen Verantwortung ohne Wenn und Aber." Die Ministerin sagte auch: "Es bleibt unsere ewige Aufgabe, an das millionenfache Leid zu erinnern, das Deutschland Polen angetan hat." Die Brutalität "mit einer menschenverachtenden Kampagne der Unterdrückung, der Germanisierung, der puren Vernichtung" habe "in Polen noch mal ganz anderen Schmerz als an anderen Orten hervorgebracht". Das Gedenken daran müssen auch bei den jungen Menschen in Deutschland immer wieder wachgehalten werden.

Es sei "immer wieder spürbar, wie präsent dieser Schmerz bis heute ist", sagte Baerbock zu Rau. "Und zwar nicht nur bei 90-Jährigen, sondern auch bei Neunjährigen, weil dieser Schmerz über Generationen vererbt wird." Dies sei in Deutschland vielleicht nicht immer so bewusst. "Daran müssen wir uns immer wieder, gerade auch in Deutschland, aufs Neue erinnern. Ich glaube, das ist etwas, wo wir gemeinsam wirklich weiterarbeiten können und weiterarbeiten müssen."

Nachdruck bei Forderungen

Rau betonte die gemeinsame Verantwortung Polens und Deutschlands gegenüber den vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Generationen. "Ich bin daher überzeugt, dass sich die Position der deutschen Regierung in dieser Frage als Ergebnis des Dialogs weiterentwickeln wird." Allein schon deshalb, weil niemand in Deutschland oder Polen auf ein moralisches System oder eine Rechtsordnung verweisen könne, "in der der Täter eines Verbrechens ermächtigt war, unabhängig und allein das Ausmaß seiner Schuld, aber auch den Umfang und die Dauer seiner Verantwortung zu bestimmen".

Polens PiS-Regierung hatte ihren Reparationsforderungen an Deutschland kurz vor Baerbocks Besuch Nachdruck verliehen: Rau unterzeichnete eine diplomatische Note, die Berlin übergeben werden soll. Zum 83. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs am 1. September hatte eine Parlamentskommission in Warschau ein Gutachten vorgelegt, in dem die Schäden in Polen auf mehr als 1,3 Billionen Euro beziffert werden. Rau nannte am Dienstag erneut keine konkrete Summe, die womöglich in der diplomatischen Note enthalten sei.

Baerbock sagte über die diplomatische Note Warschaus lediglich: "Wir haben ja gestern im Fernsehen gesehen, dass ein Brief auf dem Weg nach Berlin ist." Es sei "gut, dass wir heute persönlich darüber sprechen konnten. Die Haltung der Bundesregierung zu diesem Thema kennst du bereits." (APA, 4.10.2022)