Räder brachten Österreichs Sporthandel während der Pandemie eine Sonderkonjunktur. Im Banne der hohen Inflation trüben sich die Geschäfte ein.

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Wien – Die Österreicher lassen sich bei Sport und Spiel nicht lumpen. In keinem anderen Land Europas außer Norwegen sind die Ausgaben im Sporthandel pro Kopf höher. Das lockt internationale Branchenriesen an. Einmal mehr werden diese nun jedoch hart ausgebremst: Der Markt erweist sich aufgrund der enormen Dichte an Handelsfläche als härteres Pflaster als erwartet.

Fünf Jahre ist es her, dass der norwegische Platzhirsch XXL den Sprung nach Österreich wagte. Wie geschaffen schien das Land für die Sporthandelskette, um sich außerhalb des eigenen Reviers zu erproben. Zwischen einem Dutzend und 20 Standorte wollte der an der Osloer Börse notierte Konzern in Österreich auf die Beine stellen und kokettierte mit der Marktführung. Daraus wird so rasch nichts.

Rückzugsgefechte

Wie DER STANDARD erfuhr, sucht XXL Nachmieter für seine Filialen. In der Branche ist von einem Rückzug aus Österreich die Rede. Der Versuch, die Standorte im Paket an andere große Einzelhändler abzugeben, soll gescheitert sein. Dem Vernehmen nach sind diese nun einzeln zu haben. Sporthandelskenner sehen kein Griss darum: Zu unsicher seien die Zeiten, als dass sich viele Unternehmen Flächen von 4.000 Quadratmetern und mehr, vor allem in Einkaufszentren, zutrauten.

Rückzugsgefechte lassen sich hierzulande seit Jahren bei Sports Direct beobachten. Der britische Diskontriese machte sich einst auf Standorten der Sport-Eybl-Gruppe breit. Heute sind von 50 Filialen nur noch 20 übrig. Der Umsatz schmolz innerhalb von neun Jahren von 350 auf 51 Millionen Euro. Um die Verluste einzudämmen, bietet der Konzern weiterhin Flächen am Markt an, berichten Händler.

Teure Expansion

XXL wollte in die Lücke vorstoßen, die Eybl und Sports Direct im Sporthandel hinterließen. Im Herbst 2017 eröffneten zwei Flagshipstores in der SCS in Vösendorf und im Wiener Donauzentrum. Kurz darauf folgte der Start in der Plus City in Linz. Der siebente Standort in Klagenfurt ist gerade einmal ein Jahr alt. Ziel der Norweger war es, in allen Landeshauptstädten Österreichs vertreten zu sein – sie ließen sich die Expansion einiges kosten.

Ein bis zwei Millionen Euro waren pro Filiale an Investitionen geplant. Allein 2020 flossen mehr als vier Millionen in Werbung und mehr als fünf Millionen in Mieten und Pachten. Das geht aus dem im Vorjahr vorgelegten Jahresabschluss hervor. XXL baute mit einem mittleren Management eine eigenständige Organisation auf. In Enzersdorf wurde das für den Konzern erste Zentral- und Versandlager außerhalb Skandinaviens geschaffen.

2020 setzten 189 Mitarbeiter rund 58 Millionen Euro um. Regiodata wies dem Unternehmen, das sich zu 90 Prozent auf günstige Markenware konzentriert, einen Marktanteil von knapp mehr als drei Prozent aus.

Die Reißleine sei in Oslo gezogen worden, sind sich Konzernkenner einig. Der norwegische Mutterkonzern, der sich weder als Premiumhändler noch als Diskonter sieht, online kräftig mitmischt, zugleich jedoch hohe Kosten der stationären Geschäfte stemmen muss, steht stark unter Druck. Seine Aktie brach innerhalb eines Jahres um 70 Prozent ein.

In Österreich rasch auf die Bremse zu steigen verhindern meist langjährige Mietverträge. Finden sich für Filialen keine Nachfolger, wird der Ausstieg aus Einkaufscentern teuer.

"Halten uns alle Optionen offen"

Man arbeite an einer strategischen Überprüfung, lässt XXL-Österreich-Chef Magnus Kreuger auf Anfrage des STANDARD ausrichten. "Uns war klar, dass wir Verluste stoppen und eine Lösung finden müssen, die wirtschaftlich nachhaltig ist." Fix seien die Schließung eines Standorts im ersten Quartal 2023 und der Auszug aus dem Zentrallager. Weitere Entscheidungen seien nicht getroffen worden. "Wir halten uns alle Optionen offen."

Österreichs Sporthandel hat während der Pandemie, angetrieben vom Boom der Fahrräder und E-Bikes, eine Sonderkonjunktur erlebt. 1,5 Milliarden Euro gaben Konsumenten 2021 für Sportartikel aus. Doch mittlerweile sind weite Teile des Marktes gesättigt. Anhaltende Lieferengpässe bremsen die Umsätze. Internetanbieter fahren beratungsarmen stationären Geschäften um die Ohren. Und die hohe Inflation schürt Unsicherheit. So mancher Radkauf wird ins Frühjahr verschoben. (Verena Kainrath, 4.10.2022)