Im Gastblog erklärt die Rechtsanwältin Julia Andras das OGH-Urteil zur Anerkennung einer im Ausland geschlossenen Ehe durch Vertreter.

Eine Ehe zu schließen gehört nicht nur zu den höchstpersönlichsten Dingen im Leben zweier Menschen, sondern es sieht auch das österreichische Gesetz vor, dass eine Ehe nur durch die betroffenen Eheleute selbst geschlossen werden kann. Eine Eheschließung durch Vertreter war zwar bis zu den frühen 1980er-Jahren in Österreich möglich, seither ist es aber erforderlich, dass die betroffenen Eheleute persönlich vor dem Standesbeamten erscheinen. Eine Ausnahme hiervon bildet jedoch die Anerkennung einer im Ausland geschlossenen Ehe, dies selbst dann, wenn nach der fremden Rechtsordnung eine Eheschließung durch Vertreter anerkannt wird.

Die österreichische Rechtsordnung sieht die Anerkennung ausländischer Entscheidungen über die Trennung, Scheidung oder Ungültigerklärung einer Ehe ebenso vor wie jene über die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe. Voraussetzung ist, dass die ausländische Entscheidung über das Bestehen der Ehe rechtskräftig ist und kein Verweigerungsgrund hinsichtlich einer Anerkennung vorliegt. Die österreichische Behörde darf die Anerkennung der ausländischen Entscheidung nur dann verweigern, wenn sie den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung offensichtlich widerspricht, wenn einer der Ehegatten rechtlich nicht gehört wurde, sich also ergibt, dass er mit der Entscheidung offenkundig nicht einverstanden war, oder wenn sonstige formale Gründe gegen eine Anerkennung sprechen.

Kein Verweigerungsgrund

In einem im Februar dieses Jahres vom Obersten Gerichtshof zu entscheidenden Fall wehrte sich ein Mann gegen die Anerkennung seiner in Syrien geschlossenen Ehe. Diese war nicht durch die Ehegatten persönlich, sondern vielmehr durch bevollmächtigte Stellvertreter geschlossen worden. Die Ehefrau hatte die Anerkennung des Beschlusses des syrischen Scharia-Gerichtes, mit welchem ihre Ehe zum Antragsteller begründet worden war, begehrt. Der Mann bekämpfte diese Anerkennung und wandte sich insbesondere gegen den Umstand, dass die Ehe durch bevollmächtigte Vertreter geschlossen worden war. Die österreichischen Gerichte hatten zu prüfen, ob ein Verweigerungsgrund vorlag oder ob die Entscheidung des syrischen Scharia-Gerichts problemlos anerkannt werden könne.

Die österreichische Rechtsordnung sieht die Anerkennung ausländischer Entscheidungen über die Trennung, Scheidung oder Ungültigerklärung einer Ehe ebenso vor wie jene über die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe.
Foto: imago images/Westend61/Christina Falkenberg

Das Erstgericht kam zu dem Ergebnis, dass kein Verweigerungsgrund im Sinne des österreichischen Außerstreitgesetzes vorlag. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die Anrufung des Obersten Gerichtshofes für nicht zulässig. Der Mann erhob dennoch einen außerordentlichen Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof, welcher jedoch mangels Vorliegens der formalen Voraussetzungen zurückgewiesen wurde.

Kein mangelnder Ehewille

In seiner kurzen Begründung führte der Oberste Gerichtshof aus, dass ein die Anerkennung verhindernder Grund nicht vorläge. Einerseits sei gegen die grundlegenden Wertungen des österreichischen Rechts (ordre public) nicht verstoßen worden. Die vom antragstellenden Mann ins Treffen geführten Bedenken hinsichtlich der Eheschließung durch Stellvertreter wurden vom Obersten Gerichtshof nicht aufgegriffen. Insbesondere ergäbe sich aus dem Verfahren weder ein mangelnder Ehewille der beiden volljährigen Eheleute, noch hatte der Mann behauptet, dass es sich bei seiner Frau nicht um die Person gehandelt hätte, mit der er die Ehe schließen wollte. Es gab keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Mann bei der Eheschließung nicht ausreichend gehört worden sei oder er mit der Entscheidung über die Eheschließung offenkundig nicht einverstanden gewesen wäre. Kurzum, es war nicht ersichtlich, warum der Mann sich plötzlich gegen die Anerkennung seiner seit Jahren bestehenden Ehe wehrte.

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass der Mann jedenfalls den Willen gehabt hatte, die Antragsgegnerin zu heiraten. Der Beschluss über die Eheschließung war bereits einige Jahre alt und wurde vom Mann auch vor österreichischen Behörden mehrfach zum Nachweis der Ehe und Ermöglichung der Familienzusammenführung verwendet. Ob der Antragssteller seinen Ehewillen im Nachhinein wieder verloren hat, sei für die Anerkennung der gegenständlichen Eheentscheidung ohne jegliche Relevanz. Der OGH hielt auch fest, dass im österreichischen Anerkennungsverfahren keine Überprüfung des ausländischen Verfahrens oder der ausländischen Entscheidung stattfindet. Vielmehr werden ausländische Entscheidungen dann anerkannt, wenn kein Grund für die Verweigerung vorliegt. Der außerordentliche Revisionsrekurs des Mannes ging damit ins Leere.

Diese Entscheidung zeigt, dass, obwohl dem österreichischen Recht eine Eheschließung durch Vertreter fremd ist beziehungsweise eine solche nicht anerkannt wird, eine im Ausland durch Vertreter geschlossene Ehe – sofern sie den dortigen gesetzlichen Bestimmungen entspricht – in Österreich aber anerkannt werden kann, weil kein hindernder Verstoß gegen die Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung vorliegt. (OGH 22.02.2022, 8 Ob 7/22w) (Julia Andras, 7.10.2022)