Der Gaming-Markt hat seit 2019 um 62 Prozent zugelegt.

Foto: APA/AFP/OLI SCARFF

Sind die Zeiten schwierig, ziehen sich Herr und Frau Österreicher gerne in die eigenen vier Wände zurück – und das lässt man sich hierzulande auch gerne einiges kosten, wie man in den Pandemiejahren gesehen hat. Der Bedarf an Produkten für den Heimgebrauch stieg enorm, schließlich hatte man plötzlich Zeit, und einen Brotbackautomaten oder ein Dörrgerät wollte man ohnehin schon immer haben.

Die Folge war eine hohe Nachfrage nach elektronischen Produkten, die Industrie kam aber nicht nach, plötzlich waren die Lieferketten unterbrochen, und der Chipmangel ist erst seit kurzer Zeit wieder vorbei. Der Gesamtmarkt für technische Konsumgüter in Österreich hat in der ersten Hälfte des Jahres 2022 gegenüber dem Vorjahreszeitraum einen Rückgang in Höhe von vier Prozent verzeichnet.

Eine Sparte hat aber massiv zugelegt, und ein Ende ist nicht in Sicht: Gaming, wie GfK-Experte Michael Holly im Gespräch mit dem STANDARD erklärt. Mit der Besinnung aufs Häusliche stieg auch der Bedarf an hochwertiger Unterhaltung zu Hause. Seit 2019 sind die Umsätze mit Gaming-Hardware um 62 Prozent gestiegen. "Gaming ist seit der Pandemie nicht mehr nur für Bastler. Gaming ist ein Breitenmedium", erklärt Holly. Das Umsatzplus zieht sich durch alle Bereiche wie Gaming-Computer, Gaming-Laptops, Peripheriegeräte, Headsets, Mäuse, Tastaturen und Monitore.

Keine Nische mehr

Ein Trend, der so schnell nicht abreißen dürfte, auch wenn der Experte bei Blicken in die Glaskugel lieber vorsichtig ist: "Gaming ist ein Lifestyleprodukt und keine Nische mehr. Genauso, wie man sich zu Hause die Lieblingsserie ansieht, spielt man mittlerweile sein Lieblingsgame." Das berührt auch andere Sektoren wie die gesamte Home-Entertainment-Branche. "Gaming heißt ja nicht nur, aktiv ein Spiel zu spielen, sondern auch am Fernseher Twitch-Streams zu schauen", erklärt Holly. Sogar die Lebensmittelindustrie springt mittlerweile auf den Zug auf und bietet Kaugummis, Energydrinks und Snacks für Gamer an.

Das schlägt auch auf andere Branchen durch: So gingen die Umsätze bei Fernsehern im ersten Halbjahr 2022 im zweistelligen Bereich zurück. Zum einen, weil Gaming-Monitore zunehmend als TV-Ersatz dienen, zum anderen, weil Events wie Olympische Spiele oder Fußball-Großereignisse als System-Seller ausfallen. "Die Winter-WM in Katar wird noch einmal für zusätzlichen Absatz sorgen, wird aber das Jahresminus voraussichtlich nicht aufholen können." Dagegen legen hochwertige Gaming-Monitore mit hohen Bildwiederholzfrequenzen ab 165 Hertz massiv zu.

Elektronik muss grün sein und ein Premium-Pickerl haben

Derartige Bildschirme sind im hochwertigen Bereich angesiedelt und dementsprechend teuer – ein Trend, den der Experte "Premiumisierung" nennt. "Wer kann, der leistet sich hochwertige Produkte", so Holly. Das betrifft aber längst nicht nur Gaming-Hardware, sondern schlägt auf die gesamte Elektronikbranche durch – bis hin zur Waschmaschine mit Sprachsteuerung (23 Prozent Umsatzsteigerung gegenüber dem Vorjahr).

Als zweiten Trend macht der Experte den Faktor Nachhaltigkeit aus. "Energieeffizienz steht bei Elektrogroß- wie -kleingeräten extrem hoch im Kurs", so wird die Hälfte des Umsatzes mit Waschmaschinen von Geräten der Energieeffizienzklassen A und B dominiert. Das ist für große Hersteller auch ein Spagat, den sie hinbekommen müssen: Denn ein Produkt müsse hochwertig und dennoch nachhaltig sein. "Da ist die Frage, wie man das als Marke kommuniziert, ohne in den Greenwashing-Teich hineinzufallen."

Völlig anders sieht es im mittel- und niedrigpreisigen Segment aus. Hier warten die Konsumenten eher ab, wohin sich die Preise angesichts von stark steigender Inflation und Energiekrise entwickeln. Hier rechnet Holly am Elektroniksektor in naher Zukunft wieder teilweise mit sinkenden Preisen: "Der große Rückstau an Bestellungen aus der Pandemiezeit wird jetzt ausgeliefert. Aktuell haben wir eine Überproduktion und hohe Lagerbestände, gepaart mit sinkender Nachfrage durch den Konsumenten vor allem im mittleren und Einstiegsbereich. Das führt dazu, dass die Produkte wieder billiger werden könnten, weil sich Angebot und Nachfrage drehen."

Das sieht man laut dem GfK-Datenexperten aktuell vor allem bei Speichermedien: "Jetzt ist sicher ein guter Zeitpunkt, Speicher zu kaufen." (pez, 6.10.2022)