Wasserkraftwerke spielen in Österreich traditionell eine wichtige Rolle bei der Stromerzeugung. Bei den Erneuerbaren besteht noch reichlich Handlungsbedarf.

Foto: Wels Strom

Allerorten schießen neue Windräder aus dem Boden. Autobahnen und Parkplätze werden mit Photovoltaikanlagen überdacht. Wo es geht, werden Flüsse für neue Wasserkraft aufgestaut.

So – sollte man meinen – müsste die Situation in Österreich derzeit aussehen, was den Ausbau erneuerbarer Energien betrifft. Immerhin herrscht infolge des Ukraine-Krieges die größte Energieknappheit seit Jahrzehnten. Die Preise für fossile Energie, vor allem Erdgas, erreichen nie zuvor gekannte Höhen. Vorkommnisse, wie der Anschlag auf die Nordstream-Pipelines, führen überdies Österreich und der EU vor, wie abhängig und erpressbar man in Sachen Energieversorgung ist.

Die Ansagen aus der Politik sind deshalb klar. "Die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern ist ein Gebot der Stunde", sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im April. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) sekundierte im Mai, es brauche "einen nationalen Kraftakt zur Energiewende".

Kritik an fehlenden Gesetzesbeschlüssen

Aber was ist davon zu spüren? Was ist geschehen, seit Russland im Februar die Ukraine überfallen hat?

Kaum etwas, kritisiert der Dachverband Erneuerbare Energien (EEÖ) in einem Papier, das dem STANDARD und Radio Ö1 vorliegt. "Seit 24. Februar wurde kein einziges Bundesgesetz beschlossen, das den Erneuerbaren-Ausbau beschleunigt, obwohl wichtige Gesetzesvorhaben seit vielen Monaten – teilweise sogar Jahren – im Entwurf vorliegen", heißt es darin. Auch die Bundesländer hätten – mit Ausnahme des Burgenlandes – "keine Gesetze oder Maßnahmen" auf den Weg gebracht.

Was die Bundesebene betrifft, hängen zwei wichtige Gesetzesvorhaben völlig in der Luft. Da wäre zunächst das Klimaschutzgesetz: Es soll einen Pfad festschreiben, wie sich die klimaschädlichen Emissionen reduzieren müssen. Die bisherige Version, die auf EU-Vorgaben basiert hatte, ist ausgelaufen – die Nachfolgeregelung lässt nun auf sich warten.

Woran es bislang konkret gescheitert ist und wie weit die Verhandlungen gediehen sind, will das Klimaschutzministerium auf Anfrage nicht preisgeben: Das Gesetz sei "in der regierungsinternen Abstimmung". Ein Blick in die Vergangenheit offenbart, dass der Stillstand an Unstimmigkeiten der Regierungsparteien liegen dürfte: Konkret scheint sich die ÖVP gegen das Begehr der Grünen zu wehren, Strafzahlungen für Bund und Länder bei Verfehlungen festzuschreiben.

Schleppender Fortschritt

Ähnlich sieht es beim Energieeffizienzgesetz aus. Auch hier gab es bis 2020 ein Vorgängergesetz, das ausgelaufen ist. Es soll Energiesparmaßnahmen für Unternehmen vorschreiben. Auch dieses Vorhaben ist derzeit "Gegenstand der Abstimmung mit dem Koalitionspartner", heißt es knapp aus dem Ressort Gewesslers. Dem Vernehmen nach scheitert es hier am Widerstand von Wirtschaftsvertretern.

Immerhin kleinere Fortschritte gibt es dafür in einigen anderen Bereichen. So befindet sich das sogenannte Erneuerbare-Wärme-Gesetz, das unter anderem ein Verbot von Gasthermen in Neubauprojekten vorsieht, derzeit in Begutachtung. Auch in Sachen Förderungen geht es weiter: Die sogenannte Marktprämienverordnung im Rahmen des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes etwa sorgt seit Mittwoch dafür, dass erneuerbare Großprojekte wie Windparks und Kleinwasserkraftwerke gefördert werden. Daneben gibt es auch noch ein Gesetz zur Beschleunigung von Umweltverträglichkeitsprüfungen, derzeit ebenfalls in Begutachtung.

Der wahre Hemmschuh liegt bei vielen Vorhaben in den Bundesländern. "Die Novelle bei den Umweltverträglichkeitsprüfungen ist durchaus wichtig, aber allein wird sie nicht helfen", sagt Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft. "Denn es fehlen die brauchbaren Rahmenbedingungen auf Landesebene."

Föderalismus erweist sich als Problem

Energie ist in Österreich vornehmlich Ländersache. In den Raumordnungsgesetzen und Naturschutzgesetzen der Länder müssten demnach Änderungen erfolgen. Auch würde es dem Ausbau der Erneuerbaren helfen, würden spezielle Zonen für deren Errichtung von den Ländern ausgewiesen. "Doch hier ist gar nichts geschehen", kritisiert Moidl. Als einzige Ausnahme erweist sich das Burgenland, wo im Februar eine Beschleunigung von Bewilligungsverfahren durch den Landtag ging.

Der Dachverband der Erneuerbaren legt nun einen Forderungskatalog vor, der für einen schnelleren Ausbau sorgen soll – und vor allem auf die Länder abstellt. So müssen "einzelne Zuständigkeitskompetenzen von den Ländern zum Bund verschoben werden", fordert die Interessenvertretung. Auch beim Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern sollte berücksichtigt werden, wie ernst die Länder den Ausbau der Erneuerbaren nehmen. Auf Bundesebene wiederum fordert der Verband, dass die ausständigen Gesetze endlich beschlossen werden. (Nicolas Dworak, Joseph Gepp, 6.10.2022)