Der saudische Ölminister Abdulaziz bin Salman Al Saud trat am Mittwoch in Wien für eine starke Kürzung der Ölproduktion ab November ein und setzte sich durch.

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Es war ein Tag wie jeder andere – und doch nicht so wie immer. Als am Mittwoch die Minister der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) mit den Energieverantwortlichen anderer alliierter Staaten (Opec+), darunter Russlands Energieminister Alexander Nowak, zu einer kurzfristig einberufenen Sitzung in Wien zusammenkamen, war klar, wer das Sagen haben würde: Saudi-Arabien.

Bereits im Vorfeld wurde eine kräftige Kürzung der Erdölförderung ventiliert, getragen von mehr oder weniger allen 24 Mitgliedern der Ölallianz, die seit 2016 besteht. Sie setzt sich aus den 13 Opec-Ländern sowie elf Ölexportnationen außerhalb des Ölkartells zusammen, wurde schon mehrmals totgesagt, ist aber lebendiger denn je.

Größte Kürzung seit Pandemiebeginn

Bis zu zwei Millionen Fass am Tag (je 159 Liter) wollten die Verhandler dem Markt entziehen, schrittweise und nachhaltig. Das war dann auch das Ergebnis der Beratungen. Die Vereinbarung gilt ab November. Es ist die größte Kürzung der Ölproduktion seit Beginn der Pandemie. Mit diesem Schritt will sich die Öl-Allianz gegen eine Preiserosion wappnen, sollte eine Rezession den weltweiten Verbrauch erheblich senken.

Seit Juni hat der Preis für die in Europa maßgebliche Nordseesorte Brent von rund 120 Dollar je Barrel auf zuletzt etwa 90 Dollar nachgegeben. Erst die Aussicht auf Produktionskürzungen hat den Preis auf 91,50 Euro je Fass hinaufgetrieben, gut 100 Dollar scheinen das Ziel.

Schlecht für Midterm-Elections

Saudi-Arabien, das lange Zeit in enger Abstimmung mit den USA seine Politik im Ölkartell durchzusetzen versucht hat und immer wieder auf scharfen Widerstand gestoßen ist, scheint sich nun von Washington emanzipiert zu haben. Erst im Sommer ist US-Präsident Joe Biden nach Jeddah gereist, um Kronprinz Mohammed bin Salman zu treffen und für ein Auf- statt Zudrehen der Förderhähne zu werben. Im November stehen in den USA Midterm-Elections an, hohe Preise an den Tankstellen könnten die Wiederwahl vieler demokratischer Abgeordneter in das Abgeordnetenhaus und den Senat gefährden.

Saudi-Arabien will offensichtlich lieber Russlands Präsident Wladimir Putin mit der durch Angebotsverknappung bezweckten Preiserhöhung bei Rohöl unterstützen als US-Präsident Biden helfen. Russland, das wegen des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges gegen die Ukraine mit westlichen Sanktionen konfrontiert ist, hat die Einnahmen aus Ölverkäufen bitter nötig. Je höher sie ausfallen, desto besser, ist Moskaus Sicht der Dinge.

Angst vor Ölpreisdeckel

Es gibt noch eine andere Erzählung, warum das Drängen von Saudi-Arabien auf eine deutliche Förderkürzung auch von anderen Ländern im Ölkartell gutgeheißen wird. Das hat mit der im Westen diskutierten Preisobergrenze für russische Öllieferungen zu tun. Manche Ölexportländer in und außerhalb der Opec sehen darin einen möglichen Präzedenzfall. Das Exempel, das vom Westen im Fall Russlands statuiert werden soll, könnte irgendwann auch auf andere Ölexporteure übertragen werden, ist die Befürchtung. (Günther Strobl, 5.10.2022)