Einst galt in der Türkei als laizistischem Staat ein relativ weitgehendes Kopftuchverbot, unter Präsident Erdoğan hat sich das geändert.

Foto: Presidential Press Office/Handout via REUTERS

Ankara – Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan will das Recht auf Kopftuchtragen mithilfe der Opposition in der Verfassung verankern. "Lasst uns eine Lösung auf der Verfassungsebene finden, nicht auf der gesetzlichen", sagte Erdoğan am Mittwoch in Ankara bei einer Versammlung seiner islamisch-konservativen AK-Partei.

Zuvor hatte der türkische Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu einen Gesetzesentwurf dem Parlament vorgelegt, der das Recht auf Tragen des Kopftuches in öffentlichen Behörden und Einrichtungen garantieren soll. Es sollen demnach Frauen bei ihrer Kleiderwahl nicht in ihren Grundrechten eingeschränkt werden.

Kopftuchverbot schrittweise aufgehoben

Der Text, der dem Parlament vorgelegt wurde, sei weit davon entfernt, das Problem in all seinen Dimensionen zu erfassen, kritisierte Erdoğan. Das Staatsoberhaupt warf der Opposition "Heuchelei" vor, weil es in der Vergangenheit das Verdienst seiner Regierungspartei gewesen sei, solche Rechte zu sichern. Die AKP, die seit 2002 an der Macht ist, hatte ein Kopftuchverbot in öffentlichen Einrichtungen schrittweise aufgehoben.

Kılıçdaroğlu überraschte mit seiner Initiative, weil seine Partei, die sozialdemokratische CHP, traditionell die Trennung zwischen Staat und religiösen Institutionen (Säkularismus) als eine der Grundfesten der türkischen Republik hochhält. Beobachterinnen und Beobachter gehen davon aus, dass der Oppositionsführer Wählerinnen und Wähler aus dem traditionellen Milieu Erdoğans für seine Partei gewinnen möchte. Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen sind für den kommenden Juni angesetzt. Der Wahlkampf nimmt zunehmend an Fahrt auf. (APA, 5.10.2022)