Ministerin Klaudia Tanner (ÖVP), flankiert von Bundeskanzler Karl Nehammer und Finanzminister Magnus Brunner, im nach dem Widerstandskämpfer Carl Szokoll benannten Hof der Rossauer Kaserne.

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Wien – Karl Nehammer fühlt sich sichtlich wohl vor der Kulisse: Je zwei der gepanzerten Bundesheer-Fahrzeuge Dingo und Husar sind im Carl-Szokoll-Hof der Rossauer Kaserne aufgestellt, davor die Rednerpulte für Bundeskanzler, Verteidigungsministerin und Finanzminister. Nehammer ist nicht nur als Kanzler gekommen: "Ich bin seit 30 Jahren Soldat", verkündet er, nachdem er einen "besonders guten Morgen für die österreichische Landesverteidigung" gewünscht hat.

Zu diesem guten Morgen haben die drei ÖVP-Politiker die frohe Botschaft mitgebracht, dass das Verteidigungsbudget 2023 um 680 Millionen Euro auf 3.317,86 Millionen Euro erhöht wird. Das ist ein Plus von 22,29 Prozent. So etwas habe er in seinem Soldaten- und Politikerleben noch nicht erlebt, betont Nehammer. Denn bisher seien Finanzminister immer "verführt gewesen", bei der Budgetplanung in der militärischen Landesverteidigung den Rotstift anzusetzen.

Weniger für Personal, mehr für Rüstung

Finanzminister Magnus Brunner hat das nicht getan. "Wir möchten nicht nur kurzfristig Antworten geben, sondern gezielt in Bereiche investieren, die Österreich stärker machen", erläutert er seine Philosophie und rechnet vor, dass die Budgeterhöhung erstmals den Personalaufwand auf 45 Prozent der Ausgaben sinken lassen wird – für das heurige Finanzjahr waren es noch 52 Prozent.

Und dann der stets als Messgröße herangezogene Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt. Dieser betrage 2023 voraussichtlich ein Prozent. Allerdings sind in diese Verteidigungsausgaben zusätzlich zum Verteidigungsbudget (Untergruppe 14 des Bundesvoranschlags) auch die Pensionsaufwendungen für ehemalige Soldaten eingerechnet, die in der Untergruppe 23 verbucht werden. Dies sei international üblich und jahrzehntelange Praxis – nur sei es bisher nicht aufgefallen.

In der politischen Diskussion war das aber tatsächlich von Bedeutung: Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine war stets davon die Rede, das Verteidigungsbudget (und nicht die weiter gefassten Verteidigungsausgaben) auf ein Prozent des BIP zu erhöhen. Dies stellen die ÖVP-Politiker nun als Missverständnis dar.

Langfristige Erhöhung ohne Verfassungsgesetz

Wichtiger als solche buchhalterischen Diskussionen sei die langfristige Entwicklung, sagten Nehammer und Brunner unisono. Die für das Bundesheer zuständige Ministerin Klaudia Tanner pocht vor allem auf die langfristig wirksamen Erhöhungen: Für 2024 ist ein Militärbudget von 3,7 Milliarden Euro vorgesehen, 2025 dann 4,2 Milliarden und 2026 4,7 Milliarden; immerhin zwei Milliarden mehr als heuer.

Wenn es nach der ÖVP geht, soll das langfristig abgesichert werden: Geplant ist eine gesetzliche Absicherung des Budgetpfads für zehn Jahre durch ein Landesverteidigungsfinanzierungsgesetz. Nehammer: "Ich gehe davon aus, dass die Oppositionsparteien die Chance nutzen werden, Geschlossenheit zu zeigen." Schließlich hätten alle Parteien nach dem von Russland begonnenen Krieg auf eine Erhöhung des Budgets für das Bundesheer gedrängt. Tanner wollte, dass dies in einem Verfassungsgesetz festgeschrieben wird – aber da hat dem Vernehmen nach der grüne Koalitionspartner nicht mitgespielt.

Was wiederum die FPÖ dazu motivierte, eben eine solche Verfassungsbestimmung zu fordern. "Das Bundesheer als die bewaffnete Macht der Republik Österreich bedarf nämlich zum Zweck der Wiederherstellung der Fähigkeit der militärischen Landesverteidigung gemäß Art. 79 B-VG einer langfristigen finanziellen Planungssicherheit. Diese langfristige Planungssicherheit kann es aber nur dann geben, wenn das Budget in entsprechendem Umfang für mehrere Jahre, über Gesetzgebungsperioden und Regierungswechsel hinaus, gesichert ist", erklärte FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Bösch.

Umfassende Planungen zur Nachrüstung

Und was soll mit dem Geldsegen überhaupt passieren? Das Verteidigungsministerium baue auf einem aktualisierten Bedrohungsbild auf, sagt Ministerin Tanner. Tatsächlich ist die Budgeterhöhung längst verplant – für die Schaffung autonomer Sicherheitsinseln in den Garnisonen, für die Nachfolgebeschaffung für die alten C-130-Hercules-Transportflugzeuge ab 2029, für neue Pandur-Radpanzer, für den Ausbau der Cybersicherheit und für die Nachrüstung der Eurofighter. Diese erhalten die seinerzeit von der SPÖ abbestellte Nacht-Detektionsfähigkeit zurück, zudem wird der Selbstschutz nachgerüstet und die Luftabwehr sowohl auf dem Boden als auch auf der Plattform Eurofighter ausgebaut.

Was passieren muss, um die Kampfpilotenausbildung zumindest teilweise zurück nach Österreich zu bringen – wofür zweisitzige Jets notwendig wären –, bleibt vorerst unbeantwortet. Man sehe sich um, was andere Länder beschaffen, und werde sich möglicherweise an einen solchen Auftrag anhängen. Dass gebrauchte Eurofighter-Zweisitzer gekauft werden, scheint damit zumindest vorläufig vom Tisch zu sein.

Mehr Geld für Rekruten

Im Budget 2023 ist auch die Erhöhung der Bezüge für Rekruten (und damit verbunden für Zivildiener) eingepreist, was die Akzeptanz der Ausweitung der Ausgaben erhöhen sollte. Für den grünen Verteidigungssprecher David Stögmüller lagen die Schwerpunkte vor allem bei der Attraktivierung des Grundwehrdiensts und des Soldatenberufs sowie bei Investitionen in die Mobilität, die Cyberdefence und den Sanitätsbereich. (Conrad Seidl, 6.10.2022)