Vergangene Woche kam die Nasa-Raumsonde Juno dem sechstgrößten Mond des Sonnensystems so nahe wie schon lange kein Raumfahrzeug mehr. In weniger als 400 Kilometern flog sie an Europa, einem der Eismonde des Jupiter, vorbei und machte spektakuläre Bilder. Nun hat die Nasa die bisher detailreichste Juno-Nahaufnahme des Mondes aus dem Vorbeiflug veröffentlicht: Sie zeigt einen 150 Kilometer großen Ausschnitt, auf dem Risse, tiefe Furchen und dunkle Ablagerungen zu erkennen sind.

Die Aufnahme entstand am 29. September aus einer Entfernung von 412 Kilometern.
Foto: NASA/JPL-Caltech/SwRI

"Dieses Bild enthüllt eine unglaubliche Vielzahl an Details in einer Region, die zuvor nicht in dieser Qualität abgebildet worden war", sagte Heidi Becker vom Nasa-Missionsteam. Durch welche Prozesse die auffälligen Strukturen auf dem Eismond entstanden sind, ist bisher nur teilweise geklärt, sagte Becker. Das wissenschaftliche Interesse an Europas Besonderheiten ist aber enorm: Der Mond gilt als einer der vielversprechendsten Orte für außerirdisches Leben im Sonnensystem.

Europa ist der sechstgrößte Mond im Sonnensystem und der viertgrößte der 80 bekannten Jupitermonde.
Foto: NASA/JPL

Reservoir unter dem Eis

Denn Europa, der viertgrößte der 80 bekannten Jupitermonde, erinnert in vieler Hinsicht eher an einen Planeten als an einen primitiven Trabanten. Er besitzt einen inneren Schalenaufbau mit Eisenkern und eine dünne, sauerstoffreiche Atmosphäre. Besonders interessant ist aber, was der Mond unter seiner eisigen Kruste verbirgt: Dort dürfte sich ein gigantischer Ozean aus flüssigem Wasser befinden, in dem einfaches Leben theoretisch möglich wäre. Nachzuschauen hielt man lange für fast unmöglich – Europas Eispanzer ist mindestens 18 Kilometer dick. Jüngere Beobachtungen deuten aber darauf hin, dass der Mond immer wieder Wasserfontänen aus seinem unterirdischen Reservoir ins All spuckt. Mit Glück ließen sich solche Ausstöße weitaus einfacher untersuchen, als Bohrungen durch das dicke Eis zu versuchen.

Darauf gibt es in den kommenden Jahren auch echte Chancen: 2023 soll die europäische Raumsonde Juice (Jupiter Icy Moons Explorer) ins All starten, um Europa und die anderen großen Jupitermonde genauer zu untersuchen. Im Jahr darauf will dann die Nasa mit Europa Clipper eine weitere Mission zum Eismond bringen und die Habitabilität des Objekts erkunden und Zielorte für mögliche künftige Landemissionen auskundschaften. Ihr Ziel werden die Sonden Juice und Europa Clipper aber erst Anfang der 2030er-Jahre erreichen. Bis dahin hoffen Forschende, in den Daten von Juno weitere Aufschlüsse über Europas verborgene Geheimnisse zu finden.

Verlängerte Mission

"Die Merkmale, die wir auf seiner Oberfläche sehen, sind faszinierend", sagte die Nasa-Forscherin Becker. "Wenn wir mehr über diese Strukturen lernen, können wir auch mehr über die inneren Prozesse des Mondes in Erfahrung bringen." Vielleicht verbergen sich im Datenschatz von Junos Vorbeiflug sogar neue Informationen über Europas Wasserfontänen – die Auswertung ist voll im Gange, heißt es von der Nasa.

Die 2011 gestartete Raumsonde Juno war ursprünglich ganz auf den Jupiter ausgerichtet, seit 2016 untersuchte sie den Gasplaneten aus einer Umlaufbahn. Nach dem Ende der Primärmission beschloss die Nasa aber, noch drei Jupitermonden Besuche abzustatten: Im Vorjahr flog die Sonde bei Ganymed vorbei, nach dem Kurzbesuch bei Europa ist sie nun auf dem Weg zu Io, bei dem sie 2024 ankommen soll. (David Rennert, 6.10.2022)