Ein Reifenhändler in Teheran sortiert seine Ware: Die wirtschaftliche Situation im Land ist schlecht, Ersatzteile fehlen, Menschen schlagen sich mit Improvisationskünsten durch.

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Der Iran bleibt unberechenbar berechenbar. Mit 85 Millionen Einwohnern, einer sehr jungen Bevölkerung, alter Kultur und gigantischen Bodenschätzen hätte das Land zwischen Kaspischem Meer und Persischem Golf beste Voraussetzungen, wirtschaftlich aufzusteigen. Der politisch-religiöse Kurs der fundamentalistischen Machthaber in Teheran und das Atomprogramm, dessen Umsetzung nicht nur als Drohung, sondern auch als Provokation gegenüber dem Westen eingesetzt wird, verhindern das – und lasten seit vielen Jahren schon auf den Wirtschaftsbeziehungen mit weiten Teilen der freien Welt, nicht zuletzt mit Österreich.

2002 ist erstmals bekannt geworden, dass der Iran Einrichtungen im Nuklearsektor errichtet beziehungsweise betreibt, die der Internationalen Atomenergiebehörde zuvor nicht bekannt waren. Wie sich die Ausfuhren von Österreich in den Iran seither entwickelt haben, zeigen Zahlen der Exportstatistik. Von 2002 (221,5 Millionen Euro) bis 2005 (401,7 Millionen Euro) sind Österreichs Exporte Richtung Iran kontinuierlich gestiegen. 2006 war der Wendepunkt, erstmals wurden UN-Sanktionen gegen das Land erlassen, Österreichs Ausfuhren in den Iran gingen auf 339,1 Millionen Euro zurück.

Ständiges Auf und Ab

In der Folge gab es ein ständiges Auf und Ab, wie Österreichs Wirtschaftsdelegierter in Teheran, Philipp Winkler, dem STANDARD schildert. 2010 gab es eine weitere Sanktionsrunde, die bisher stärkste, wie Winkler betont. 2018 schließlich traten die USA unter Präsident Donald Trump aus dem Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA, Wiener Atomverhandlungen) aus, neue US-Sanktionen folgten auf dem Fuß, die Exporte schrumpften weiter und erreichten 2020 mit etwas über 100 Millionen Euro einen Tiefpunkt.

Im vergangenen Jahr gab es eine Erholung auf 117,8 Millionen Euro Exportvolumen, im ersten Halbjahr 2022 wurde sogar ein Plus von 113 Prozent auf gut 98 Millionen Euro bei den österreichischen Exporten in den Iran festgestellt. Der Wirtschaftsdelegierte Winkler vermutet als Ursache Projektgeschäfte, die für diesen Zuwachs verantwortlich waren.

Als größtes "Nadelöhr" für österreichische Unternehmen erweist sich laut Winkler nach wie vor der internationale Zahlungsverkehr. Von europäischen Banken würden nahezu keine Transaktionen mit Iran-Bezug durchgeführt. "Das gilt selbst für Geschäfte, die ausdrücklich von den US-Sanktionen ausgenommen sind", sagt Winkler. Die sogenannten "blocking statutes" der EU, welche die Befolgung exterritorialer Sanktionen von Drittstaaten verbieten, hätten keine Wirkung entfaltet.

Schwache Währung

Eine weitere Herausforderung für viele Exporteure sei der Kursverfall des Rial; Planbarkeit sei damit für die rund 460 Unternehmen aus Österreich, die – vom Außenwirtschaftscenter in Teheran betreut – im Iran Geschäfte machen, schwerlich gegeben. Rund 130 Unternehmen verfügen lokal über einen oder mehrere iranische Vertreter; etwa zehn haben eigene Niederlassungen in dem Land. Hauptexportgruppen aus Österreich waren und sind pharmazeutische Produkte, Maschinen und Lebensmittel. (Günther Strobl, 6.10.2022)