Kinder und Jugendliche in Krisen finden schwer irgendwo einen geeigneten Platz, manch Krisenzentrum musste wegen Personalmangels bereits schließen.

Foto: Darko Vojinovic

Rund 1.000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind derzeit in Quartieren des Bundes untergebracht. Und das beunruhigt das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen Unicef und die Internationale Organisation für Migration IOM. Denn immer mehr unbegleitete Flüchtlingskinder verschwinden. Allein von Jänner bis Juli 2022 waren es über 5.000 österreichweit. Es ist unklar, was mit diesen Kindern passiert. Dieser Missstand soll – neben dem akuten Personalmangel in der Kinder- und Jugendhilfe – am Donnerstag und Freitag Thema bei einer Konferenz der Landes-Kinder- und Jugendhilfereferentinnen in Graz sein.

Mangelnde Betreuung

Die Forderungen der Organisationen sind klar: "die Obsorge ab Tag eins für unbegleitete Kinder und Jugendliche, die nach Österreich geflüchtet sind, gesetzlich zu verankern", schreiben die Organisationen in einer Mitteilung. Die momentanen Zustände, wonach immer mehr Kinder verschwinden, entweder weiterreisen oder in die Fänge von Menschenhändlern geraten, seien nicht mehr länger tragbar.

Generell, heißt es weiter, seien Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren, die ohne Eltern nach Österreich kommen, zu Beginn ihres Asylverfahrens weitgehend auf sich gestellt. Erst wenn sie in Einrichtungen der Bundesländer kommen, werde die Kinder- und Jugendhilfe aktiv. Doch so weit kommt es derzeit gar nicht. Denn viele Bundesländer kommen ihren Pflichten, was die Flüchtlingsaufnahme belangt, aktuell nicht nach. Die Konsequenz: Die Bundesquartiere, etwa Traiskirchen, platzen derzeit aus allen Nähten.

"Wir sind der Meinung, dass auch asylsuchende Kinder nach Jungendhilfe-Standards untergebracht und betreut werden sollen", sagte dazu UNHCR-Geschäftsführer Christoph Pinter im Ö1-"Journal um acht". "Wir hoffen, dass hier ein Schritt unternommen wird."

Schwierige Standards

Doch diese Standards sind selbst in der Kinder- und Jugendhilfe in den Bundesländern Wien, Salzburg und der Steiermark aktuell nicht gegeben. Denn dort fehlt es seit Monaten an professionellem Personal. Manche Krisenzentren, wo Jugendliche im Ernstfall vorübergehend untergebracht werden, mussten schon schließen. In anderen wurde bereits ein Aufnahmestopp für neue Jugendliche in Krisensituationen verhängt, wie der STANDARD bereits berichtete. Auch in der ambulanten Versorgung gibt es gröbere Probleme.

Weil die Kinder- und Jugendhilfe seit wenigen Jahren Ländersache ist – und es daher höchst unterschiedliche Standards gibt –, richtete sich die Vorsitzende der Konferenz und Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) mit einem Appell an die Bundesregierung. "Wir versuchen wirklich alles, damit wir zu mehr Mitarbeiterinnen kommen. Das werden die Länder aber nicht allein lösen können", sagte sie auf Ö1. Kurzfristige sowie mittelfristige Lösungen sollen nun erörtert und am 7. Oktober präsentiert werden. (etom, 6.10.2022)