Das Kunsthistorische Museum kappte seine Verbindung zum Freundesverein.

Foto: KHM-Museumsverband

Der Vereinsmeierei im Umfeld der Bundeskulturbetriebe geht es zunehmend an den Kragen. Kaum war Staatsoperndirektor Bogdan Roščić im Amt, wurden die "Freunde der Wiener Staatsoper" hinauskomplimentiert. Jüngst kappte nun das Kunsthistorische Museum (KHM) die Verbindung zu seinem Freundesverein und setzt auf ein neues "Membership"-Programm. Die beiden Fälle stehen repräsentativ für eine Entwicklung, die auf eine Professionalisierung der Akquisition von Drittmitteln abzielt.

Denn aus rein buchhalterischer Sicht steuert das Modell von privat initiierten und organisierten Interessengemeinschaften kaum bis nichts zum wirtschaftlichen Erfolg der Institution bei. Dass diese Freundesvereine dazu ursprünglich gar nicht gegründet wurden, sei erwähnt. Aber selbst wenn es um Finanzielles geht, sehen die von Kritikern bisweilen als Gruppierung von Gschaftlhubern Verunglimpften das naturgemäß etwas anders: Die materielle Unterstützung ergebe sich ja oftmals erst aus der ideellen.

Vergleichbar mit Vorfeldorganisationen

Von ihrer Ausrichtung und den in den Statuten festgelegten Zielsetzungen her sind diese Vereinigungen mit Vorfeldorganisationen vergleichbar, die den Häusern oft nur formal, manchmal auch über konkrete Kooperationen nahestehen und den Mitgliedern ein fachliches Zusatzprogramm bieten, das teils über die Mitgliedsbeiträge finanziert wird.

Die daraus ableitbaren Privilegien sind bei genauerer Betrachtung allerdings überschaubar. Der Haken: So mikroskopisch kann ein mutmaßlicher Vorteil gar nicht sein, dass er vom Rechnungshof unentdeckt bliebe. Hinweise dazu finden sich in mehreren Berichten der letzten Jahre. Jener von 2018, der sich mit der Gebarung der Staatsoper befasste, erweist sich rückblickend als besonders erhellend.

Prüfung durch Rechnungshof

Zu den von den Prüfern beanstandeten Punkten gehörten Kartenkontingente, genauer 10.000 Karten, die dem Freundesverein zur Verfügung gestellt wurden, der sie ja auch bezahlte. Moniert wurde, dass die Staatsoper dabei "keinen Zusatznutzen aus Fördergeldern" erzielte. Im Wesentlichen ging des dem Rechnungshof jedoch darum, dass ein 2015 von einem Beratungsunternehmen vorgelegtes Konzept mit "Vorschlägen zur Optimierung für die Akquisition von Drittmitteln und somit auch von Sponsor- und Förderbeiträgen" seitens der Geschäftsführung unberücksichtigt geblieben war.

"Für Förderinnen und Förderer unter einem Jahresbetrag von 2500 Euro", so die Kritik, gab es kein Angebot, um überhaupt um Unterstützung zu werben. Der "Markt der Kleinförderungen", so das Fazit der Rechnungshof-Prüfer, werde vom Freundesverein abgeschöpft. Damit war nicht nur das Schicksal des 1975 von einem Stammpublikum gegründeten Vereins der "Freunde der Wiener Staatsoper" mit seinen 2500 Mitgliedern besiegelt, sondern quasi das Modell der Freundesvereine als solches.

Freundeskreise und "Patrons"-Programme

Für die Saisonen 2018/19 und 2019/20 hatten die Opernfreunde sogar einen Reservierungsaufschlag von elf Prozent pro Karte zu berappen. Mit dem Wechsel an der Spitze der Staatsoper ging die Ära der Kartenkontingente dann völlig zu Ende. Ob eine mittlere sechsstellige Jahresgabe die Meinung des Staatsoperndirektors geändert hätte, muss eine Mutmaßung bleiben. Unter Bogdan Roščić wurde der "Offizielle Freundeskreis der Wiener Staatsoper" aus der Taufe gehoben, der, wie es auf Anfrage heißt, mittlerweile mehr als 1000 Mitglieder zählt. In der Saison 2021/22 bescherte er Drittmittel im Umfang von 1,2 Millionen Euro.

Solche und gerne auch höhere Summen haben auch die Geschäftsführer der großen Bundesmuseen im Blick und locken ihre Großsponsoren schon seit einigen Jahren mit entsprechenden "Patrons"- oder "Circle"-Programmen. Die Schnittmenge zu den Mitgliedern der Freundesvereine ist jedoch vergleichsweise gering.

Kosten-Nutzen-Rechnung

Nüchtern betrachtet geht es um eine Kosten-Nutzen-Rechnung. So beanstandete der Rechnungshof 2018 im Falle der Albertina etwa, dass man den Mitgliedern des Freundesvereins freien Eintritt in das Museum gewährt, womit man, allein von 2014 bis 2016, "auf Einnahmen von 50.000 Euro verzichtet" habe. Noch während der Prüfung kam es zu einer Kooperationsvereinbarung. Wie auch jene bis Mitte September zwischen dem KHM und seinem Freundeskreis gültige sieht sie eine Kompensation vor: Mit ihrem jährlichen Mitgliedsbeitrag haben Freunde zwar freien Eintritt, jedoch gilt der Verein dem Museum den an den Kosten einer Jahreskarte orientierten Betrag ab. Beim KHM in einer Größenordnung von etwa 90.000 Euro jährlich.

Zum besseren Verständnis: Bis zur Einführung der Jahreskarten war die Mitgliedschaft in einem Freundesverein für treue Museumsbesucher mit einer Jahresgebühr von etwa 60 Euro gegenüber laufenden Eintrittsgeldern die kostengünstigere Variante. Das KHM führte die Jahreskarte 2009 ein, das Belvedere erst 2016. Die Albertina setzt stattdessen auf den Freundesverein und hat deshalb mit 8300 Mitgliedern auch den zahlenmäßig größten.

Loyalität als Wert

Jener des Belvedere zählt 800 Freunde, der des KHM 2500. Letzterer Verein wurde übrigens 1912 als "Österreichischer Staatsgalerieverein" gegründet und versammelte das Who’s who der gesellschaftlichen Elite: Fürsten oder erfolgreiche Unternehmer, ein Tross von Idealisten, die auch finanziell in die Zukunft der Häuser investierten. Im Laufe seiner 110-jährigen Geschichte erwarb der Verein hunderte Kunstwerke, die sich bis heute in den Beständen der Museen befinden. Teils beteiligte man sich auch nur an Ankäufen, wenn das Budget der Direktoren wieder einmal zu knapp war. Loyalität ist offenbar ein Wert, der für Rechnungsprüfer unkalkulierbar scheint. (Olga Kronsteiner, 7.10.2022)