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Nur 16 Prozent des gesammelten Plastiks werden wiederverwertet – viel zu wenig.

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Sportschuhe aus gebrauchten Fischernetzen (Adidas), Taschen aus alten Plastikflaschen (Vaude) oder Schmuck aus benutzten Kaffeekapseln (Nespresso): Einen nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen haben inzwischen viele Unternehmen auf ihrer Agenda. Doch es fehlt der große Plan, wie der Umbau der Ökonomie in Richtung Kreislaufwirtschaft gelingen könnte und vor allem – es geht viel zu langsam.

"Bei unserem derzeitigen Konsumverhalten bräuchten wir 1,8 Planeten, um all die Ressourcen, die wir verbrauchen, herzubekommen. Im Jahr 2040 wären es schon 2,3 Planeten, wenn die Weltbevölkerung weiter wächst wie bisher und die Rohstoffnachfrage damit Schritt hält." Das geht aus einem Bericht der Boston Consulting Group (BCG) hervor. Das Beratungsunternehmen hat den Bericht, der dem STANDARD vorliegt, gemeinsam mit dem World Business Council For Sustainable Development (WBCSD) erstellt.

Weltweites Abkommen gefordert

Beide Organisationen rufen, was sich auch im Titel der Studie wiederfindet, nach einem "Paris Agreement for recycling the Earth’s resources", einer Vereinbarung auf globaler Ebene ähnlich der bei der Klimakonferenz 2015 in Paris erzielten Absprache. 196 Staaten haben sich damals auf das Ziel verständigt, die Erderwärmung bei maximal zwei Grad, besser noch bei 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Nun sei es an der Zeit, Ähnliches beim Ressourcenverbrauch zu machen, schreiben die Studienautoren.

Sie haben acht Materialien identifiziert, wo es sich anzusetzen lohne, zumal deren Gebrauch zu sehr viel Abfall, aber auch wertmäßigem Verlust führe und/oder zum Teil schädliche Auswirkungen auf die Umwelt habe: Neben Zement und Beton sind das Metalle, Bioabfälle, Holz, Papier, Kunststoffe, Elektronikschrott und Batterien von Elektroautos.

Anhebung der Recyclingquote

Ziel bei den angeführten Materialien müsse sein, bis zum Jahr 2040 eine Recyclingquote von 80 bis 90 Prozent zu erreichen, unterstützt durch entsprechende Sammelziele. Nur so könnten wir es schaffen, mit den Ressourcen auszukommen, die sich auf unserem Planeten finden, ohne dass notgedrungen Verteilungskämpfe um das knappe Gut ausbrechen.

Den Investitionsbedarf für den Umbau der Wirtschaft schätzen die Studienautoren auf 2.100 Milliarden bis 2.200 Milliarden Dollar, was in etwa genauso viel in Euro ist. Der Löwenanteil des Geldes würde für das Erstellen, Implementieren und Ausrollen entsprechender Recyclingkonzepte sowie den Bau von Wiederverwertungsanlagen erforderlich sein, die sich auf dem aktuellsten Stand der Technik befinden.

Besseres Produktdesign

Damit Recycling funktionieren kann, müssten viele Produkte neu designt werden, wofür geschätzt weitere 500 bis 530 Milliarden Dollar notwendig seien. Für den Aufbau von Sammelschienen werden weitere 170 bis 200 Milliarden Dollar angesetzt.

Ebenfalls entscheidend sei die technologische Weiterentwicklung und der Ausbau von Sortieranlagen, damit die Materialien in ihre Hauptbestandteile zerlegt werden können. Ausgaben von 180 bis 210 Milliarden Dollar werden dafür bis 2040 notwendig sein.

Sorgenkind Plastik

Ein starker Nachholbedarf wird insbesondere bei Kunststoffabfällen gesehen. Obwohl die Sammelrate laut Zahlen von Boston Consulting bei etwa 75 Prozent liegt, werden bis dato weltweit nur 16 Prozent des eingesammelten Altplastiks einer Wiederverwertung zugeführt. Viel werde einfach verbrannt. Genau das aber könnten wir uns in Zukunft immer weniger leisten. (Günther Strobl, 7.10.2022)