Im Bild: Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Andreas Stiche, Chef von Sodexo Österreich.

Foto: Klimaschutzministerium/Cajetan Pertwein

Einer der größten Profiteure des Klimabonus ist Sodexo: Der französische Konzern konnte sich in einer EU-weiten Ausschreibung des Klimaministeriums gegen Mitbewerber durchsetzen. Nun ist er für die Abwicklung der Gutscheine im Wert von jeweils 500 Euro im Land verantwortlich. Diese bekommen nämlich anstatt einer Geldüberweisung all jene, deren Daten bei Finanz Online nicht aktuell sind. Dass auch bei Personen, die aktuelle Infos hinterlegt haben, ein Gutschein versandt wurde, begründet die Regierung damit, dass womöglich andere Zweifel an den Angaben bestanden haben könnten.

Kritik der SPÖ

Für die Abwicklung dieser Gutscheine bekommt Sodexo einmalig drei Millionen Euro. Allerdings verrechnet das Unternehmen zusätzlich für jeden eingelösten Gutschein drei Prozent des jeweiligen Betrags bei seinen Vertragspartnern. Demnach verdient das Unternehmen bei jedem Klimabonus, der über einen Gutschein verrechnet wird, weitere 15 Euro dazu.

Bei der SPÖ sorgt das für Empörung: Sie kündigt eine parlamentarische Anfrage an. "Mehr als fragwürdig" sei, dass der "französische Großkonzern 21 Millionen Euro dafür bekommt, dass die Regierung den Österreicherinnen deren eigenes Geld per Gutscheinen schickt", sagt Vizeklubchef Jörg Leichtfried (SPÖ) zum STANDARD. Der Betrag ergebe sich durch die Zahl jener, die den Klimabonus mittels Gutschein bekommen haben. "Gutscheine, die die Menschen dann in langen Warteschlangen bei der Post wieder zu Bargeld umtauschen müssen."

Aus Sicht des Klimaschutzministeriums verrechne Sodexo "seinen Akzeptanzpartnern angemessene und marktübliche Konditionen". Warum nicht einfach Bargeld ausgeliefert wird – so wie es immer noch teilweise bei Pensionen der Fall ist? Die Post selbst begründet das mit der Logistik. So sei es ein "riesiger Unterschied", ob monatlich Bargeld an einige, vergleichsweise wenige Pensionistinnen und Pensionisten versendet wird. Oder ob Geld an fast jede Person im Land zugestellt werden muss. Das sei ein massiver Aufwand, da täglich Geld in Zustellbasen hätte transportiert werden müssen.

Individuelle Nummer

Den Weg, stattdessen Gutscheine zuzustellen, begründet das Klimaschutzministerium mit "Sicherheitsaspekten". "Es ist für uns nachvollziehbar, wo welche Gutscheine gelandet – oder auch nicht gelandet – sind", sagt die Sprecherin zum STANDARD. Käme es etwa zu einem Überfall, sei dies nachzuvollziehen. "Jeder Gutschein hat eine individuelle Nummer – zusammen mit der persönlichen Übergabe durch den RSa-Brief können wir so höchst mögliche Sicherheit gewährleisten", sagt sie. Das sei "bei Bargeld nur mit durchgängig nummerierten Scheinen möglich". Datenschutzbedenken bestünden keine, die Gutscheine seien nicht auf die jeweilige Empfangsperson rückführbar.

Hinzu käme, dass der Klimabonus mit dem Antiteuerungsbonus ergänzt wurde. "Die ursprünglich geplanten Summen betrugen 100, 133, 166 und 200 Euro", sagt sie. Das hätte zur Folge gehabt, dass "auch Münzgeld verschickt werden hätte müssen, was zusätzliche Problematiken mit sich gebracht hätte".

Für kleine Firmen nicht leistbar

Auch an der Wahl von Sodexo gibt es Kritik. So monierte die Wirtschaftskammer, dass besonders kleinere Betriebe keine Verträge mit dem Konzern haben – und deswegen von der Chance auf zusätzlichen Umsatz ausgenommen werden. Die Abrechnung mit Sodexo koste zudem "eine Menge Geld", sagte etwa der Tiroler Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser. "Wenn jemand einen kleinen Betrag mit dem Gutschein bezahlt, muss das Unternehmen das Geld auslegen", wird Walser von ORF.at zitiert – jeder Betrag unter zehn Euro sei überhaupt kein rentables Geschäft.

Sodexo setzt jährlich mehr als 20 Milliarden Euro um. Der Konzern bietet neben dem Gutscheinvertrieb auch Dienste im Bereich des Caterings und Facility-Managements an. Zudem betreibt der Konzern mehrere private Gefängnisse in Großbritannien und Australien und betreut 84 weitere in Europa und Südamerika. In Großbritannien war Sodexo in den vergangenen Jahren mit Vorwürfen von Menschenrechtsverletzungen konfrontiert, etwa im Fall einer Frau, die ihr Baby 2019 in einer Haftzelle zur Welt brachte – das Kind verstarb im Gefängnis. (Muzayen Al-Youssef, 8.10.2022)