Die Pufferlösung in Antigentests soll gefährlich sein – das sagt zumindest eine Gruppe von Aktivistinnen und Aktivisten. Doch die Konzentration der entsprechenden Komponenten ist viel zu gering.

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Eine Analyse macht die Runde. Die Pufferflüssigkeit einiger Antigentests wurde untersucht, ihre Komponenten aufgeschlüsselt. Das Ergebnis: Darin sind Substanzen zu finden, die toxisch sind. Eine Gruppe Aktivistinnen und Aktivisten trommelt jetzt, dass unsere Kinder in Gefahr seien und wann Zeitungen und Regierung endlich etwas dagegen tun würden, dass die ganz Kleinen vergiftet würden. Was ist an der Analyse wirklich dran? Und wer sind die Menschen, die dahinterstehen? Ein Faktencheck.

Frage: Um welche Untersuchung handelt es sich konkret?

Antwort: Analysiert wurde die Pufferflüssigkeit in insgesamt vier Antigentests von unterschiedlichen Anbietern – jene Flüssigkeit, in die das Stäbchen nach dem Nasen- oder Rachenabstrich gesteckt und die dann auf das Testtool aufgebracht wird. Es handelt sich dabei NICHT um PCR-Tests.

Frage: Was beinhaltet die Pufferlösung?

Antwort: In der Pufferlösung befinden sich – unter anderem – die beiden Komponenten Natriumazid und Triton X-100, die als toxisch klassifiziert sind. Natriumazid ist das Natriumsalz der Stickstoffwasserstoffsäure. Es ist ein Mittel mit hoher toxischer Wirkung, ab einer Menge von fünf bis zehn Milligramm kann es den Sehnerv lähmen, tiefe Ohnmacht hervorrufen und mehr, wie die Uni Münster mitteilt.

In den Covid-19-Antigentests dient Natriumazid als Konservierungsmittel. Es ist in einer Konzentration von 0,1 bis maximal 0,35 mg in der Pufferlösung enthalten und verhindert, dass diese vor der Anwendung durch Mikroorganismen oder Viren kontaminiert wird.

Trition X-100 ist ein nichtionisches Tensid aus der Gruppe der Octylphenolethoxylate. Die Chemikalie dient als Lösungsmittel, ähnlich einer Seife, um eventuell vorhandene Viruspartikel freizusetzen. Die Hülle, die das Virus umgibt, ist nämlich fettlöslich, anders kommt man nicht an sie heran. Das Tensid kann Augenreizungen und allergische Hautreaktionen verursachen, im unverdünnten Umgang mit der Chemikalie sollten deshalb Augen- und Gesichtsschutz sowie Handschuhe getragen werden.

In den Covid-19-Antigentests befanden sich in jedem Röhrchen insgesamt ca. 350 μl (0,35 ml) Flüssigkeit. Von dieser gesamten Flüssigkeit sind maximal 1,5 Prozent Triton X-100.

Noch genauer sind die Inhaltsstoffe in einem Informationsblatt der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) aufgeschlüsselt.

Frage: Was wird genau vorgeworfen?

Antwort: Vorgeworfen werden zwei Dinge: Die Pufferlösung sei aufgrund der oben genannten Inhaltsstoffe toxisch und würde die körperliche Sicherheit der anwendenden Menschen, vor allem von Kindern, gefährden. Weiters habe die Bundesregierung dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) per Gesetz verboten, die Covid-19-Antigentests auf eventuell giftige Inhaltsstoffe zu untersuchen. Deshalb habe man nun diese privat finanzierte Laboranalyse initiiert.

Frage: Wie sieht die tatsächliche Lage aus?

Antwort: Keineswegs gibt es ein Verbot der Überprüfung. Da die Behörden des EWR die Pufferlösungen ständig überprüfen und das BASG mit diesen in permanentem Austausch steht, war keine weitere Prüfung notwendig. Im Rahmen dieser Evaluierungen konnte von dieser Behörde keine Abweichung von gesetzlichen Anforderungen identifiziert werden. Daher wurde für diese Produkte entsprechend eine temporäre Sonderzulassung erteilt.

Das BASG teilt dazu dem STANDARD auf Anfrage weiter mit: "Die Ergänzung des §113a Medizinproduktegesetz durch § 323 Abs. 18 der Bundesabgabenordnung ermöglichte während der Corona-Pandemie (ab 23. Jänner 2021), Schnelltests zur Eigenanwendung in Schulen für die SARS-CoV-2-Diagnostik einzusetzen – Voraussetzung hierfür war eine Registrierung der Produkte beim Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG). Diese Möglichkeit endete mit Dezember 2021."

Die betroffenen Schnelltests zur Eigenanwendung unterlagen allerdings immer der Marktüberwachung für Medizinprodukte gemäß § 75 MPG. Wären zu einem späteren Zeitpunkt als Ende 2021 Risiken erkannt worden, hätte das BASG daher entsprechende Prüfmaßnahmen getroffen.

Was die Toxizität der Stoffe anbelangt, teilt das BASG mit: "Die Gefahrenstoffe wurden in der Kennzeichnung deshalb nicht ausgewiesen, weil das aufgrund der geringen Konzentrationen gemäß den gesetzlichen Bestimmungen nicht notwendig ist." Um bei dieser Konzentration tatsächlich eine toxische Wirkung zu erzielen, müsste man die Lösung in einem geschlossenen Raum verdampfen und über mehrere Stunden einatmen. Darüber hinaus sind die Tests ganz klar als Medizinprodukte gekennzeichnet, in der Packungsbeilage wird genau erklärt, wie sie anzuwenden sind.

Frage: Wer sind die Personen, die das Thema aufgebracht haben?

Antwort: Eine Gruppe von Personen hat in einer Pressekonferenz am 22. 9 .2022 die Analyse an die Öffentlichkeit gebracht. Federführend ist die Initiative "Wir EMUs", laut Eigendefinition ein Unternehmer-Bündnis, das rund 700 österreichische Firmen repräsentiert. Genauere Informationen, etwa welche Unternehmen das sind, finden sich nicht. "Wir stehen für eine gemeinschaftliche Haltung in der Gesellschaft sowie für eine freie Impfentscheidung", betont der Sprecher des Bündnisses Bernhard Costa, der auf dem Podium saß.

Weitere Vertreter bei der Pressekonferenz waren Johann Missliwetz, Madeleine Petrovic, Georg Prchlik, Klaus Samhaber und Florian Machl. Johann Missliwetz ist pensionierter Gerichtsmediziner und engagierte sich bereits bei einer Initiative von Ärztinnen und Ärzten gegen den "Impfzwang". Madeleine Petrovic, in den 1990er-Jahren Bundessprecherin der Grünen und derzeit Präsidentin des Wiener Tierschutzvereins, ist zuletzt vor allem durch einen Auftritt bei einer Impfgegner-Demo aufgefallen.

Georg Prchlik ist Rechtsanwalt und Wiener Landessprecher der MFG (Menschen Freiheit Grundrechte), Klaus Samhaber ist Lehrer und stellvertretender Vorsitzender des Freiheitlichen Lehrerverbands Oberösterreich (FLV OÖ). Fünftes Podiumsmitglied ist Florian Machl, Journalist, langjähriger Autor beim rechtsextremen "Wochenblick" und seit März 2022 Autor beim Kanal Report24, ebenfalls ein Medium, das dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen ist. (Pia Kruckenhauser, 10.10.2022)