Nicht nur Schwarm unserer Stylist:innen: Schauspieler Luka Dimić. Mantel Issey Miyake, Hose Y-Project, Schuhe stylist's own.
Foto: Rafaela Proell

Wahnsinn! Mit den Haaren auf die Seite gegelt, sieht er aus wie Omar Sharif." – "Auf diesem Foto hat er etwas von Samy Davis Jr., findest du nicht?" – "Der Blick! Wie Jeremy Irons …" – die Fotografin und die Make-up-Expertin kommen beim RONDO-Shooting im Wiener Gartenbaukino aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. Sie sind begeistert von der Wandelbarkeit ihres Models Luka Dimić. Eine Eigenschaft, die der Mittdreißiger auch in seinem Beruf gut gebrauchen kann. Er ist schließlich Schauspieler. Egal ob Shooting, Bühne oder Filmset – Kleidung helfe ihm, sich vollends in die jeweilige Figur zu verwandeln, erklärt Dimić.

Vintagemantel und Hose Ann Demeulemeester, Stiefel Alexander McQueen
Foto: Rafaela Proell

Erste Hauptrolle

Für seine erste Hauptrolle in einem großen Spielfilm waren die textilen Hilfsmittel Uniform und Stiefel. "Das macht einen riesigen Unterschied, wenn du in voller Montur statt in Jeans und Flip-Flops durch die Kaserne gehst", erzählt der gebürtige Kroate von den Dreharbeiten zu Eismayer. Im Debütfilm von David Wagner spielt Dimić den Bundesheerrekruten Mario Falak, der sich in seinen Ausbilder verliebt. Der berüchtigte Vizeleutnant Charles Eismayer will sich seine Homosexualität allerdings nicht eingestehen.

Bei den Filmfestspielen von Venedig wurde Eismayer in der unabhängigen Filmreihe "Settimana Internazionale della Critica / Venice International Critics’ Week" als bester Spielfilm ausgezeichnet, in den österreichischen Kinos ist er ab 28. Oktober zu sehen. Die Geschichte basiert auf einer wahren Begebenheit aus den 1990-Jahren. So konnten Luka Dimić und Co-Hauptdarsteller Gerhard Liebmann die Menschen hinter ihren Rollen kennenlernen. "Ich hatte anfangs die Befürchtung, dass ein Treffen mit dem echten Mario Falak meine Vorstellung von der Figur einschränken könnte", erzählt Dimić. Es war für ihn schlussendlich spannend, zu sehen, wie die beiden Männer heute leben. So sei Charles Eismayer im Unterschied zu seiner strengen Art im Berufsalltag im Privaten fast mütterlich-fürsorglich. Andererseits seien beide auch für brachiale Handwerkerarbeiten zu haben. "Das wirft interessante Fragen über diverse Klischees auf. Was ist typisch hetero oder schwul?", sagt Dimić.

"Man muss Missstände konsequent ansprechen!", findet Dimić. Jumpsuit Ailanto, Bomberjacke Dries Van Noten
Foto: Rafaela Proell

Queeres Zeichen

Er selbst war im Februar 2021 Teil jener 185 schauspielenden Personen, die sich im SZ Magazin als schwul, lesbisch, bisexuell, queer, nichtbinär oder transident outeten. Die Initiative #ActOut sollte auf diskriminierende Strukturen im Berufsleben dieser Grupen aufmerksam machen. Einschlägige Erfahrungen musste auch Luka Dimić machen. Während seiner Schauspielausbildung habe er sich Aussagen wie "Das ist zu schwul" anhören müssen.

Die Vorstellungen, wie ein Mann aussehen und schauspielern müsse, um in der Branche Erfolg zu haben, seien sehr konservativ gewesen. "So etwas bleibt heute nicht ungeahndet. Die junge Generation ist sensibilisiert auf toxische Strukturen. Aber es heißt nicht, dass es die nicht mehr gibt. Man muss Missstände konsequent ansprechen!", sagt Dimić. Er plädiert dafür, dass alle alles spielen dürfen. Mit Heterosexuellen, die homosexuelle Rollen spielen, habe er kein Problem, wolle sich selbst aber nicht nur auf schwule Figuren festlegen lassen. Luka Dimićs Familie hat kein Problem mit dessen sexueller Identität. Sorge machten sich die Eltern vielmehr wegen des Berufswunsches des Sprosses.

Der Schauspieler streckt der konservativen Branche gegenüber frech die Zunge raus. Blazer und Hemd Kenzo
Foto: Rafaela Proell

Doppelter Fleiß mit Nestroy-Preis belohnt

Von dem Plan, nach Berlin zu gehen und Schauspieler zu werden, waren sie nicht begeistert. In den Neunzigerjahren flüchtete Dimićs Familie, Mutter Kroatin, Vater Serbe, vor dem Jugoslawienkrieg nach Deutschland. Luka und sein Bruder wuchsen im Schwabenland auf: "Meine Eltern trichterten uns stets ein, nett und freundlich zu sein, ja keine Probleme zu machen: Wir seien fremd hier." Als Migrant habe er die Erfahrung gemacht, dass man sich gewisse Dinge mit doppeltem Fleiß erarbeiten müsse, sagt Luka Dimić.

Diese Extraportion Ansporn sei ihm bei seinem beruflichen Werdegang zugutegekommen. Nach dem Abschluss seines Schauspielstudiums an der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf in Potsdam 2013 stand Luka Dimić auf diversen Bühnen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Am Theater der Jugend in Wien spielte er die Hauptrolle im Stück Tschick, wofür er 2016 den Nestroy-Preis als bester Nachwuchsschauspieler gewann. Im Konzert-Theater Bern war er bis 2018 Teil des Ensembles. Jetzt nach den Dreharbeiten zu Eismayer genieße er die Freizeit. Wie er die nutzt? Zum Reisen, Lesen, Feiern oder Meditieren. Gut so, das nächste Engagement kommt bestimmt. (Michael Steingruber, 14.10.2022)

Anzug und Hemd Gucci, Strümpfe Jun Takeushi, Sonnenbrille Robert Laroche
Foto: Rafaela Proell
Jumpsuit, Mäntel, Stiefel Prada
Foto: Rafaela Proell
Luka Dimić posiert im Wiener Gartenbaukino. Anzug Hvala Ilija, Rollkragenpullover Carlota Barrera, Strickgürtel Jun Takeuchi, Handschuh Dries Van Noten, Stiefel Camper
Foto: Rafaela Proell