Autorinnen und Autoren wollen Ö1 zum immateriellen Unesco-Kulturerbe machen.

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Wien – Die IG Autorinnen und Autoren hat am Dienstag einen Antrag bei der österreichischen Unesco-Kommission zur Aufnahme des Kultursenders Ö1 in die Liste des immateriellen Kulturerbes eingebracht. Wie berichtet hat auch SPÖ-Kultursprecherin Gabriele Heinisch-Hosek vorgeschlagen, FM4 und Ö1 als Kulturerbe zu sichern.

  • Ö1 muss nach STANDARD-Informationen rund 900.000 Euro sparen, eine Reihe von Sendungen etwa im Bereich Musik und Kinder wurde in einer Klausur als Streichkandidaten genannt. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann erklärte zuletzt aber im Ö1-Magazin "#Doublecheck", dass er mit den in der Klausur genannten Kürzungen nicht einverstanden sei.
  • Radiodirektorin Ingrid Thurnher kündigte im STANDARD-Interview vor allem im Morgenprogramm "mehr Content und weniger Köchelverzeichnis" an, also mehr Wortprogramm und weniger Musik.
  • Thurnher bestätigte im Interview auch Überlegungen, dass auf der FM4-Frequenz ein "Junges Ö3"-Programm landen könnte. Das hat zu massiven Protesten von Kulturschaffenden und Redaktion geführt; auch hier kalmierte der ORF-General.

"Im besten aller Sinne öffentlich-rechtlich"

"Ö1 ist einer der renommiertesten Hörfunksender der Welt, er vereint Information, Wissen, Bildung, Kultur und Religion in einer in und für Österreich einzigartigen Zusammenstellung. Ö1 ist darüber hinaus das – von der Gründung des Rundfunks an – historische akustische Wissen über Österreich und der wichtigste akustische österreichische Kulturbotschafter des Landes weltweit. Ö1 ist im besten aller Sinne öffentlich-rechtlicher Rundfunktätigkeit vollkommen werbefrei, auch das zeichnet ihn gegenüber allen anderen Sendern aus", argumentieren die Initiatoren in ihrem Antrag.

Ö1 "akut gefährdet"

Der Bestand von Ö1 sei "akut gefährdet", heißt es im Antrag, "Anfang dieses Jahres wurde die Ö1-Religion aus dem Verbund von Ö1 herausgelöst und der Fernsehreligion angegliedert. Ähnliche Zukunftsaussichten bestehen auch für die anderen Ressorts bzw. Redaktionen von Ö1. Diese Entwicklungen stehen in enger Verbindung mit der Auflösung des ehemaligen alleinigen ORF-Standortes, des Wiener Funkhauses, das bis auf Restbestände aufgegeben werden soll. Maßgeblich für all diese Entscheidungen sind kaufmännische Überlegungen bzw. kommerzielle Gründe, trotz gesicherter Einnahmen durch die ORF-Gebühr."

Es sei "allein durch den öffentlich-rechtlichen Auftrag und ORF-intern ganz offensichtlich nicht möglich, den Bestand und die Aufgaben von Ö1 ausreichend zu schützen". Es herrsche "ganz offensichtlich kein oder ein zu geringes Bewusstsein über den Wert von Ö1 bei den politisch und medial Verantwortlichen". Ö1 sei dank seiner aktuellen Informationssendungen mit ihrem wissenschaftlichen und kulturellen Hintergrund "die wichtigste demokratie- und bildungspolitische Einrichtung Österreichs" und baue auf Eigenproduktionen auf und sei "nicht die Abspielstation eingekaufter Programme".

Es gehe nicht darum, "Ö1 auf seine zurückliegende Bedeutung zu reduzieren, auch nicht auf seine jetzige, es geht darum, die Verbindung zwischen österreichischer Rundfunkgeschichte und der Gegenwart und Zukunft von Ö1 zu halten und bewahren".

Schützenswert wie "Wiener Heurigenkultur"

"Auch den Wiener Heurigen bzw. der Wiener Heurigenkultur ist mit der Aufnahme in die immaterielle Kulturerbeliste keine Musealisierung zuteilgeworden, sondern sie werden in ihrem Bestand als besonders schützenswertes Gut gesehen, mit Tradition und Geschichte und ihrer höchst lebendigen Gegenwart. Was für die Wiener Heurigenkultur Gültigkeit hat, sollte doch erst recht auf einen weltweit so einzigartigen Sender wie Ö1 zutreffen", so die Autorinnen und Autoren. (red, 11.10.2022)