Michael Bonvalot schreibt und filmt auf Demos und hat mit anderen dafür gesorgt, dass bekannt wurde, dass bekannte Rechtsradikale die Demos begleiten und teils sogar anführen. Reporter ohne Grenzen sieht die Arbeit des Journalisten von der Polizei behindert.

Foto: David Prokop

Eine Demonstration von Corona-Maßnahmen-Kritikern, Pandemieleugnern und Rechtsradikalen in Wien sorgt auf mehreren Ebenen für ein Nachspiel. Wie DER STANDARD berichtete, wurden der freie Journalist Michael Bonvalot und sein aus einer Fotografin und Sicherheitsleuten bestehendes Team von Demonstrierenden bedrängt.

Videos aus verschiedenen Perspektiven zeigen diese Situation vom heurigen 10. September. Die Polizei kam dem Team nicht zu Hilfe, sondern drängte es ab, setzte es vorübergehend fest und nahm Identitätsfeststellungen vor. Die grüne Nationalratsabgeordnete Eva Blimlinger brachte eine parlamentarische Anfrage bei Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) ein.

"Datenschutz"

Die Polizei ließ Mitte September auf Anfrage des STANDARD wissen, dass man aus Datenschutzgründen nicht sage, welche Verwaltungsübertretungen dem Team vorgeworfen wurden. Mittlerweile ist zumindest das bekannt. Denn alle Personen außer Bonvalot erhielten Strafverfügungen und sollen 500 Euro bezahlen. Auch gegen Bonvalot läuft ein solches Verwaltungsstrafverfahren, wie sein Anwalt Clemens Lahner bei der Landespolizeidirektion Wien herausfand. Lahner bereitet für alle Einsprüche vor.

Die Strafen setzten sich jeweils wie folgt zusammen: 300 Euro nach dem Sicherheitspolizeigesetz wegen Störung der öffentlichen Ordnung sowie 200 Euro nach der Straßenverkehrsordnung, da sie am Parkring "als Fußgänger den vorhandenen Gehsteig nicht benützt" haben, wie es in einer Strafverfügung, die dem STANDARD vorliegt, heißt.

"An der Arbeit gehindert"

Demnach dürften Berichterstattende die Straße nicht betreten, während die gesamte Ringstraße für eine Demo gesperrt ist.

"Mein Mandant wurde von der Polizei daran gehindert, seine Arbeit als Journalist zu machen. Dass jetzt auch noch ein Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn geführt wird, erweckt ein bisschen den Eindruck, als wollte die Polizei diese rechtswidrige Amtshandlung im Nachhinein krampfhaft rechtfertigen", sagt Lahner.

"Wenn das durchgeht, sehen wir für die Pressefreiheit in Österreich schwarz", betont die Sprecherin von Reporter ohne Grenzen Österreich, Christin Edlinger, "Wo sonst sollen Journalistinnen und Journalisten denn bei einer Demo gehen?" Edlinger sei in der Causa auch in Kontakt mit der deutschen Partnerorganisation und der Fall wird nächste Woche in der Vorstandssitzung der Organisation beraten. Man stehe jedenfalls hinter Bonvalot.

"Politisches Statement"

Auch die Fotografin zeigt sich im STANDARD-Gespräch geschockt. "Wenn bekannte gewaltbereite Rechtsextreme und Neonazis unbeachtet über den Ring ziehen und Journalist*innen und Fotograf*innen bedrängen können und diese dann mit rechtlichen Konsequenzen zu rechnen haben, ist das ein klares politisches Statement der Polizei gegen die Pressefreiheit", schreibt die Frau in einem Statement an den STANDARD. (Colette M. Schmidt, 11.10.2022)