Der alte und der neue Rektor der Grazer Universität. Peter Riedler übernahm vom jetzigen Bildungsminister Martin Polaschek das Zepter.

Foto: Uni Graz/ Gasser

Es sind alle Wichtigen gekommen, vom Landeshauptmann bis zum Minister, um zu Wochenbeginn der Inauguration des neuen Rektors in der Aula der Grazer Karl-Franzens-Universität beizuwohnen. "Gehisste Fahnen und schwarze Dienstautos vor dem Hauptgebäude, die mit der Sonne um die Wette glänzten", notierte die "Kleine Zeitung". Drinnen übergab der Bildungsminister und ehemalige Grazer Rektor Martin Polaschek – gewandet im schwarz-goldenen Talar – seinem Nachfolger und Ex-Vizerektor Peter Riedler die Rektorskette und das mächtige Zepter.

Eine nicht unwesentliche Fußnote blieb unerwähnt: Der Wahlvorgang zur Rektorsbestellung ist noch immer bei der Justiz anhängig. Nach der Wahl Riedlers ist nämlich bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eine Sachverhaltsdarstellung eingegangen. Die Anzeige stehe "im Zusammenhang mit dem Auswahlverfahren", hieß es seitens der WKStA, die den Fall an die Staatsanwaltschaft (StA) Graz weiterleitete. Dort wollte man vorerst den Anfangsverdacht prüfen, entschied sich aber dazu, die Causa "zur Vermeidung jedweden Anscheins der Befangenheit" an die StA Wien zu übergeben. Für alle Involvierten gilt die Unschuldsvermutung.

Parallel zur Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft hatte auch ein international forschender Wissenschafter, der sich um das Rektorsamt beworben hatte, in einem Brief an Minister Polaschek seinen Ärger über die Wahl zu Papier gebracht. Er sei offenbar nur als Zählkandidat eingeladen worden. Die Wahl eines Rektors "ohne nennenswerte Erfahrung in Forschung und Lehre" sei "ein Sittenverfall, der den internationalen akademischen Standards widerspricht". Vor dem Hintergrund, dass Riedler in der Volkspartei gut vernetzt sei – er war zwischen 2000 und 2007 Berater im Kabinett Wolfgang Schüssel und auch im Büro eines steirischen ÖVP-Landesrats tätig –, ortete der Wissenschafter eine "ÖVP-Freunderlwirtschaft".

Der beste Kandidat

Dem widersprachen allerdings die Vorsitzenden der führenden Uni-Gremien, die die Wahl orchestrierten und entschieden, vehement. Riedler sei eindeutig der bestgeeignete Kandidat gewesen. Der Vorwurf der "ÖVP-Freunderlwirtschaft" werde strikt zurückgewiesen. Riedler meinte, er sei "froh, dass es nicht zu einem Nachteil geworden ist, dass ich früher im Politikumfeld tätig war".

Ähnliche Vorwürfe gab es übrigens schon bei der Bestellung Polascheks zum Grazer Rektor im Jahr 2019.

Die StA Wien hat jetzt jedenfalls den aktuellen Uni-Graz-Akt an die Oberstaatsanwaltschaft weitergegeben. "Er wird von uns jetzt geprüft und dann sofort an das Ministerium zur Beurteilung vorgelegt", heißt es auf STANDARD-Anfrage. Die Willensbildung sei noch nicht abgeschlossen, es gehe "theoretisch in alle Richtungen". (Walter Müller, 11.10.2022)