Die Menschheit isst viel zu viel Fleisch – das Lebensmittelsystem droht zusammenzubrechen.

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Die Art, wie die Welt momentan Lebensmittel produziert und konsumiert, ist nicht nachhaltig und wird immer mehr zu einer Gefahr für die Welternährung. Zu diesem Schluss kommt ein aktueller Bericht der Strategy&, der Strategieberatung von PwC, am Montag veröffentlicht wurde. Zwei Drittel des Wasserverbrauchs, drei Viertel der Nährstoffbelastung und ein Viertel der Treibhaushausgasemissionen gehen inzwischen auf das Konto der globalen Lebensmittelproduktion.

Die weltweite Nahrungsmittelproduktion sei dabei immer ineffizienter geworden, schließlich wären laut Angaben der UN im Jahr 2050 bereits drei Erden notwendig, um die derzeitigen Konsumgewohnheiten zu bedienen. Das derzeitige System der Lebensmittelproduktion werde daher schon viel früher zusammenbrechen, schreiben die Experten – sofern es sich nicht einem radikalen Wandel unterzieht.

Fleischkonsum verdoppelt

Bereits jetzt habe die Ukraine- und die Energiekrise die weltweiten Preise für Nahrungsmittel in diesem Jahr um 58 Prozent steigen lassen, und damit auch den Hunger in vielen Ländern. Das zeige, dass das aktuelle System bereits an den Grenzen seiner Belastbarkeit angekommen ist.

Als eines der größten Probleme sehen die Autoren der Studie den weltweiten Fleischhunger, der weiterhin immer größer wird. Heutzutage isst der Erdbewohner im Durchschnitt doppelt so viel Fleisch wie vor 60 Jahren. Dabei verbraucht die Fleischproduktion 80 Prozent der Ackerflächen, liefert aber nur elf Prozent der Kalorien.

Hühnerfleisch könnte Emissionen halbieren

Die Weltbevölkerung wird dabei weiterhin wachsen – wenn auch langsamer als in den vergangenen Jahrzehnen. "Das geht sich allein schon mathematisch nicht aus", sagt Harald Dutzler von PwC Strategy& Österreich, der an der Studie mitgearbeitet hat.

Um die Welternährung auch in Zukunft zu gewährleisten, müssten sich einerseits die Essgewohnheiten ändern. Da ist es wiederum vor allem der Fleischkonsum, der für den größten Teil der Emissionen verantwortlich ist. Besonders schädlich für das Klima ist dabei Rindfleisch, das man zukünftig etwa häufiger durch Geflügel ersetzen könnte. Dabei würden die CO2-Emissionen um die Hälfte sinken, der Wasserverbrauch um rund ein Drittel. Noch ökologischer ist vegetarische oder vegane Ernährung.

Weniger verschwenden

Auch die Verschwendung müsse eingedämmt werden, denn aktuell wird ein Drittel aller Lebensmittel entsorgt – sei es wegen Verzögerungen in der Logistik oder Ineffizienz beim Anbau oder im Handel. Hier könnte Technologie in Zukunft helfen, dass weniger Essen verloren geht, etwa durch eine Überwachung der Lieferketten. "Wenn ich besser plane, kann ich punktgenau das liefern, was ich brauche", sagt Dutzler.

Der dritte große Hebel für Veränderung ist eine nachhaltigere Produktion von Lebensmitteln, etwa durch ökologische Anbaumethoden oder Präzisionslandwirtschaft, bei der Roboter Dünge- und Pflanzenschutzmittel nur nach Bedarf auf einzelne Pflanzen applizieren. Auch Fleischalternativen werden in Zukunft eine größere Rolle spielen, bis 2030 soll der globale Markt auf 26 Milliarden Euro anwachsen.

Innovative Unternehmen gefragt

"Viele Trends sind bereits im Mainstream angekommen", sagt Dutzler. Auch regulatorisch geht alles langsam in Richtung Ökologisierung und Transparenz. Er rät Unternehmen, die neue Realität zu akzeptieren und nicht darauf zu warten, bis der Gesetzgeber oder die Konsumierenden diese zum Umschwenken zwingen. "Jene, die frühzeitig dabei sind, werden eher zu den Gewinner gehören", so der PwC-Experte.

Dazu müsse man nicht gleich das komplette Geschäftsmodell über Bord werfen. Das zeigt etwa das Beispiel des deutschen Wurstfabrikanten Rügenwalder Mühle. Das Unternehmen setzte früh auf vegane Produkte – und macht heute mehr Umsatz mit der fleischlosen Produktpalette als mit traditionellen Wurstwaren. (pp, 13.10.2022)