Magnus Brunner präsentierte erstmals als Finanzminister ein Budget.

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Wien – Nach seiner Präsentation des Budgets im Nationalrat musste Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) am Mittwoch nicht lange auf kritische Reaktionen warten. FPÖ-Chef Herbert Kickl sieht in Brunner einen "braven Buchhalter der verantwortungslosen Bundesregierung". Das Motto von dessen Budgetrede müsste korrekt lauten: "Verantwortungslosigkeit, als gäbe es kein Morgen. Seit Anbeginn der Zweiten Republik war die Unsicherheit nie so hoch wie heute. Das liegt aber für Österreich zu einem guten Teil nicht an den internationalen Entwicklungen, sondern an der grundfalschen Reaktion der Regierung auf diese Herausforderungen – sei es Corona, sei es die massive Teuerung oder sei es der Krieg in der Ukraine", so Kickl in einer Aussendung.

Kritik durch Neos und SPÖ

Die Bundesregierung mache in der Teuerungskrise dieselben Fehler, die sie schon in der Covid-Krise gemacht habe, sagt SPÖ-Budget- und -Finanzsprecher Jan Krainer. Die Regierung gebe zu spät zu viel Geld aus, und das an der falschen Stelle. Dazu komme, dass die Regierung "nicht auf die Einnahmen schaut und sich weigert, Milliarden an Übergewinnen von Energiekonzernen zu besteuern". Die Regierung sei zwar "Europameister beim Geldausgeben", ihre Bilanz aber dürftig, "denn beim Wirtschaftswachstum 2020 und 2021 ist Österreich in der EU Viertletzter". Die SPÖ habe lange vor einer Teuerungswelle gewarnt, die Regierung habe es verabsäumt zu handeln.

DER STANDARD

Die Neos kritisierten erneut die "Gießkannen"-Prinzip. "Boni, Gutscheine, Förderungen, die nicht dort ankommen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Für die einkommensschwachen Haushalte sind gerade einmal drei Prozent des Antiteuerungspakets vorgesehen", wird Neos-Budgetsprecherin Karin Doppelbauer in einer Aussendung zitiert. Es sei das größte Budget aller Zeiten, dafür "der kleinste Fokus auf echte Investitionen für die Zukunft". Außerdem sei das Budget ein "Schlag ins Gesicht der jungen Menschen, die diesen Schuldenrucksack schultern müssen".

Nehammer und Kogler zufrieden

Für Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) ist das Budget 2023 hingegen ein Budget der Sicherheit und Entlastung." Was jahrelang diskutiert wurde, wird jetzt umgesetzt", rühmt der Vizekanzler die Arbeit der Regierung. "Mit dieser Budgetplanung machen wir Österreich sicherer und unabhängiger für die Zukunft", betont Nehammer.

Die Schwerpunkte des Budgets sind für Kogler klar: Einerseits müsse die Teuerung abgefedert werden, andererseits "Unabhängigkeit und Sicherheit in unsicheren Zeiten" geschaffen werden. Dass sich Österreich jahrelang von Gas und Öl aus despotischen Regimen abhängig gemacht habe und die österreichische Bevölkerung und Wirtschaft jetzt unter Putins Erpressungen leiden, "das g'hört g'richt, und jetzt wird's g'richt".

AK-Chefökonom Marterbauer: "Große Chance verstreichen lassen"

Markus Marterbauer, Chefökonom der Arbeiterkammer, vermisst eine "Investitionsoffensive in die soziale Sicherheit". Weiters fehlen ihm die Besteuerung von großen Vermögen und Erbschaften genauso wie ein Maßnahmenprogramm gegen die Steuerlücke: "Die Regierung lässt hier erneut eine große Chance verstreichen, unser Steuersystem gerechter zu machen. Mit dem unverständlichen Festhalten an der KöSt-Senkung und dem Fehlen der Übergewinnsteuer profitieren Konzerne doppelt. Die Arbeiterkammer wird nicht akzeptieren, dass am Ende wieder die Arbeitnehmer:innen in Form von Kürzungen für die diversen Budgetgeschenke bezahlen."

ÖGB-Präsident Katzian: Zu wenig gegen Teuerung

"Entlastungen werden im Budget für das Jahr 2023 zwar eine zentrale Rolle spielen, aber von der Entlastung kommt zu wenig bei den Menschen an", kritisiert ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian die Budgetpläne der Regierung. "Nachhaltige Maßnahmen sind Fehlanzeige, Einmalzahlungen sind zu wenig." Es gehe um umfassende Preissenkungen, vor allem bei den Kostenpunkten Wohnen und Lebensmittel sei noch nichts passiert.

WKÖ-Präsident Mahrer: Neuverschuldung akzeptabel

Wohlwollender gestimmt ist Brunners Parteikollege und Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer: "Die für 2023 anvisierte Neuverschuldung ist akzeptabel, damit Haushalte und Unternehmen gut durch die unsicheren Zeiten kommen. Denn fest steht: Außergewöhnliche Zeiten verlangen eine außergewöhnliche Budgetpolitik." Die Spielräume dafür seien dank einer maßvollen Budgetpolitik in den Jahren vor der Pandemie sowie der Tatsache, dass im Vorjahr der Budgetabschluss besser war als geplant, vorhanden.

Wifo-Ökonomin Schratzenstaller: "Solide"

Wifo-Ökonomin Margit Schratzenstaller bezeichnet das Budget im Gespräch mit der APA als "solide". Es handle sich um ein "offensichtlich von Krisen geprägtes Budget", dieses setze aber auch strukturelle Akzente wie Pflege, Klimaschutz, Verteidigung und Entwicklungszusammenarbeit. Allerdings machten sich die Verschuldung und die hohen Zinszahlungen relativ stark bemerkbar. Es gebe zudem "einige Unsicherheiten, die schwer einzuschätzen sind". Dazu zählten die Entwicklung der Energiepreise, die Inflation und die Stagnation. "Die Bedingungen für die Budgeterstellung waren besonders schwierig", so Schratzenstaller.

Agenda-Austria-Leiter Schellhorn: Fehlende Strukturreformen

Der große Lichtblick des Budgets sei die Abschaffung der kalten Progression, der große Schatten die fehlenden Strukturreformen, moniert Franz Schellhorn vom neoliberalen Thinktank Agenda Austria. Österreich gebe nächstes Jahr 25 Milliarden Euro für Pensionen aus, bis 2026 seien es 145 Milliarden. Das seien enorme Summen, und darüber werde nicht einmal diskutiert. Ganz im Gegenteil würden Anreize gesetzt, damit man früher in Pension gehe, kritisiert Schellhorn. Mit dem Ende der Niedrigzinsen verliere Österreich jeglichen budgetären Spielraum. "Wir haben in den guten Jahren zu viel Geld ausgegeben, das kann ein Bumerang werden", warnt Schellhorn. Die wichtigste Sache wäre es, eine Ausgabenbremse einzuführen.

Momentum-Ökonom Picek: "Schwere Verteilungsfehler"

Oliver Picek vom gewerkschaftsnahen Momentum-Institut sieht "schwere Verteilungsfehler" angesichts der Teuerung. Von den größten Steuersenkungen profitierten vor allem Unternehmen und Besserverdienende, während der Schutz der Ärmsten und der unteren Mittelschicht nicht ausreiche. Mittelfristig gefährdeten die Steuersenkungen und weiterhin fehlende vermögensbezogene Steuern den notwendigen Ausbau der Daseinsvorsorge und der staatlichen Dienstleistungen. (red, miwi, APA, 12.10.2022)