Die Amtshandlung gegen eine Gruppe von Berichterstattenden auf einer Corona-Demo wirft immer mehr Fragen auf.

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Ein Einsatz der Wiener Polizei bei einer Corona-Demo auf dem gesperrten Ring am 10. September wirft weiter Fragen auf. Wie DER STANDARD berichtete, wurden der Journalist Michael Bonvalot, seine Fotografin und Sicherheitsleute von Demonstranten bedrängt und daraufhin von der anwesenden Polizei vorübergehend festgesetzt und Identitätsfeststellungen unterzogen. Alle sieben bekamen Strafverfügungen, wonach sie jeweils 300 Euro wegen Störung der öffentlichen Ordnung und weitere 200 nach der Straßenverkehrsordnung zahlen sollen, weil sie nicht den Gehsteig benutzt hatten.

Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz

Die Grünen brachten deshalb eine Anfrage an das Innenministerium von Gerhard Karner (ÖVP) ein, die Organisation Reporter ohne Grenzen sieht die Pressefreiheit in Österreich ernstlich bedroht.

Neben den Strafverfügungen liegt seit Mittwoch auch die Anzeige gegen die Gruppe vor, in der sich Bemerkenswertes findet. So wird im Anzeigentext die Tatsache, dass sechs der Betroffenen FFP2-Masken trugen, als Verstoß gegen das Anti-Gesichtsverhüllungs-Gesetz beschrieben. Das Gesetz, welches 2017 in Kraft trat und umstritten war, da es laut Menschenrechtsexperten in "verfassungsgesetzlich gewährleistete Grundrechte" eingreife, sieht auch Ausnahmen vor.

Ausnahmen

Etwa bei künstlerischen oder traditionellen Veranstaltungen, bei der Sportausübung oder wenn man gesundheitliche oder berufliche Gründe hat. Auf STANDARD-Nachfrage im Gesundheitsministerium, ob man künftig damit rechnen müsse, für das Tragen von FFP2-Masken abgestraft zu werden, verneinte ein Sprecher von Minister Johannes Rauch (Grüne): "Unsere Gesetze greifen hier nicht."

Journalist und Rechtsextremismusexperte Bonvalot und sein Team berufen mit ihrem Anwalt gegen alle Anzeigen und Strafverfügungen.
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Auf STANDARD-Anfrage hieß es von der Landespolizeidirektion Wien, dass "die Strafbehörde den Tatbestand" der Verletzung des Anti-Gesichtsverhüllungs-Gesetzes "nicht als erfüllt angesehen hat". Dieser kommt nun also nicht zur Anzeige. Interessant ist auch ein anderer Satz in der Anzeige, der nahelegt, dass die Vorgangsweise auch polizeiintern nicht allen schlüssig war: "Nach Beendigung der AH (Amtshandlung, Anm.) wurde via Funk durchgegeben, dass die I-Feststellungen (Identitätsfeststellungen, Anm.) unverzüglich einzustellen sind", heißt es da. (Colette M. Schmidt, 12.10.2022)